Cliquenräume, Bauwagen, Jugendtreffpunkte – Das Konzept der Mobilen Jugendarbeit in Greven

Georg Dodt, Katja Klein

1. Einleitung

Es ist die vierte Lage Farbe in diesem Jahr. Die Jugendlichen haben sich für rosa und hellblau entschieden. Rosa wollen die Mädchen, hellblau die Jungs. Klassisch. Da kommt zusammen, was nicht zusammengehört. Aber diese Farbgebung entspricht dem momentanen Demokratieverständnis der Clique. Ebenfalls muss der Raum mit einem Teppich ausgelegt werden. Obwohl es der Sozialarbeiter natürlich besser weiß: „Das Werkstattparkett lässt sich doch viel besser reinigen“. Der Teppich wird in einigen Wochen die ersten Brandlöcher haben. Ketchupreste, Kaugummis und Zigarettenstummel werden eine eklige Verbindung eingegangen sein. Aber es muss nun mal ein Teppich sein...

Die Jugendlichen setzen sich durch. Öffentlicher und institutionalisierter Raum in einer städtischen Jugendeinrichtung wird zum Privatraum für Jugendliche umfunktioniert. Im vorliegenden Bericht wird ein besonderes Konzept Mobiler Jugendarbeit beschrieben, mit dem sich das Jugendamt der Stadt Greven ganz bewusst vom klassischen Angebotsdenken der Öffnungszeiten und Hausregeln öffentlicher Jugendhäuser verabschiedet. Im Sinne eines „Best-Practice-Projektes“ könnte dabei von einer Verwandlung problematischer Cliquen in verantwortungsvolle Jugendliche berichtet werden.

Aber die Raumvergabe beinhaltet auch gescheiterte Cliquenprozesse, kaputte Scheiben, Anwohnerklagen, verzweifelte Pädagogen – und Jugendliche. Wir haben in diesem Aufsatz kurz zusammengefasst, was wir methodisch als grundlegend für die Mobile Jugendarbeit und für die Arbeit mit Cliquen betrachten (Abschnitt 2). Im dritten Abschnitt beschreiben wir, welche typischen Prozesse eine Raumvergabe an Jugendliche durchläuft, und unter welchen Bedingungen Cliquenprozesse scheitern oder auch gelingen. Ebenfalls im Abschnitt drei werden verschiedene Bau- und Treffpunktprojekte im öffentlichen Raum auf ihre Gebrauchsfähigkeit untersucht. Der vierte Abschnitt befasst sich abschließend dann ganz konkret mit dem in Greven durchgeführten Beteiligungsprojekt im Rahmen von „Betreten Erlaubt“. Was braucht der Leser als Vorabinformation zum besseren Verständnis der Arbeitsstrukturen in Greven? Eigentlich fast nichts, denn im Grunde ist Greven mit seinen örtlichen Gegebenheiten typisch und somit austauschbar. Daher nur kurz: Greven hat knapp sechsunddreißigtausend Einwohner und liegt in direkter Nachbarschaft zu Münster. Eines der beiden städtischen Jugendhäuser – der Jugendtreff der Mobile Jugendarbeit Hansaviertel – befindet sich in einem (überschaubaren) sozialen Brennpunkt. Arbeitsschwerpunkt dieser Einrichtung: Aufsuchende Jugendarbeit mit der Betreuung von Treffpunkten im Stadtteil, sowie drei selbstverwaltete Cliquenräume.

2. Von der Aufsuchenden Arbeit zur kontinuierlichen Cliquenarbeit

Ein Arbeitsschwerpunkt der Mobilen Jugendarbeit Hansaviertel ist die Aufsuchende Jugendarbeit, die sich stark an der Lebenswelt von Jugendlichen orientiert. Cliquen werden an ihren Treffpunkten aufgesucht, um ihnen eine Plattform für ihre Anliegen anzubieten. Je nach Bedarf kann sich hieraus eine kontinuierliche Cliquenarbeit entwickeln.

2.1 Die Aufsuchende Jugendarbeit

Die Aufsuchende Arbeit gliedert sich in mehrere Phasen: Es beginnt mit dem Beobachten der Treffpunkte von Jugendlichen. Wo halten sich die Jugendlichen auf, was sind ihre typischen Treffgewohnheiten und Rituale? Hierbei geht es nicht um ein „Ausspionieren“, sondern eher um eine möglichst natürliche und behutsame Annäherung an die Jugendlichen. Die ersten Kontakte ergeben sich dann von alleine, bzw. werden von den Pädagogen gezielt gesucht. Es ist wichtig, ein authentisches Interesse an den Bedürfnissen der Jugendlichen zu zeigen. Der Streetworker muss die Bereitschaft haben, sich auf eine intensive Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen einzulassen (vgl. Krafeld 2004, 62ff.).

In einem weiteren Schritt geht es darum, die Sichtweisen der Jugendlichen kennen zu lernen und abzufragen. Oft stellen die Konflikte der Jugendlichen bezüglich ihres selbstgewählten Treffpunktes (mit Anwohnern, der Polizei oder auch mit anderen Cliquen) ein ideales Einstiegsthema dar. Dabei zählen erst einmal die Sichtweisen der Jugendlichen und weniger die eigenen Bewertungen. Der Weg zu einer intensiveren Begleitung von Cliquen an ihrem Treffpunkt gelingt dann über das Treffen von Absprachen und ersten Verabredungen. Eine Möglichkeit verbindlicherer Beziehungsgestaltung ist dabei die Durchführung einzelner Aktionen in der Mitverantwortung der Jugendlichen. Fußballturniere oder Ferienaktionen im Stadtteil sind hierfür Beispiele. Das Ziel der Mobilen Jugendarbeit sollte immer die Stärkung der Cliquen an ihren Treffpunkten sein. Es ist wichtig, in diesem Prozess eine klare Position für die Jugendlichen zu beziehen. Inwieweit diese Position dann politisch umsetzbar ist und welche Kompromisse auch von Seiten der Jugendlichen eingegangen werden können, muss in der konkreten Praxis immer wieder ausgehandelt werden.

Der weitere Weg von der Begleitung Jugendlicher im Rahmen von Aufsuchender Jugendarbeit bis hin zu einer kontinuierlichen Cliquenarbeit ist nicht zwingend vorgezeichnet. Nicht jede Clique wünscht oder braucht eine kontinuierliche Betreuung. Herauszufiltern, welche Clique nicht nur aus Sicht des Pädagogen einen Bedarf an sozialer Arbeit hat, sondern auch ein eigenes Bedürfnis danach äußert, stellt sich hier als zentrale Aufgabe. Auch darf nicht übersehen werden, dass bei einigen Cliquen soziale Arbeit aus den unterschiedlichsten Gründen nicht fruchten wird (vgl. Krafeld 2004, 98). Sicherlich müssen auch immer die zeitlichen und personellen Ressourcen der Pädagogen berücksichtigt werden. Cliquen, die sich gut selbst organisieren und ein stabiles soziales Umfeld haben, können von dem zeitintensiven Angebot der Cliquenarbeit nicht profitieren.

2.2 Cliquenarbeit

Von Cliquenarbeit sprechen wir immer dann, wenn wir eine Gruppe Jugendlicher über einen längeren Zeitraum regelmäßig betreuen. Konkret heißt dies, dass wir uns jede Woche zwei Stunden mit der Clique treffen. Hier stehen sowohl die aktuellen Belange der Jugendlichen, als auch die gemeinsame Freizeitgestaltung auf der Tagesordnung.

Grundprinzipien der Cliquenarbeit

Aus unserer Sicht ist das Akzeptieren der Selbstorganisationsprozesse und des Abgrenzungsverhaltens von Cliquen der vielleicht wichtigste Grundsatz der Cliquenarbeit. Cliquenprozesse sollten nicht bekämpft, sondern begleitet werden (vgl. Krafeld 2004, 91). Dazu ist es notwendig, die Bedeutung und die Funktion der Clique für die Jugendlichen zu verstehen und wirklich ernst zu nehmen (siehe hierzu auch Krafeld 2004, 87ff. und Krafeld 1992, 15ff.). Der Streetworker agiert gerade am Anfang eines Prozesses immer aus einer „Gastrolle“ heraus. Dazu gehört zwingend, die Regeln der Jugendlichen erst einmal zu akzeptieren und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger auf Verfehlungen aufmerksam zu machen. Die Cliquenakzeptanz sollte hier aber nicht zu einem methodischen Trick instrumentalisiert werden. Vielmehr sollte eine pädagogische Grundhaltung zum Ausdruck kommen, in der Pädagogen die Bedeutungen von Cliquen mit all ihren Strukturen und Möglichkeiten anerkennen und respektieren (vgl. Krafeld 2004, 95). Um eine funktionierende Beziehungsarbeit zu gewährleisten, ist eine personelle Kontinuität, möglichst in Teamstrukturen wichtig. Dies ermöglicht den Mitarbeitern eine verlässliche Begleitung über einen langen Zeitraum.

Clique als Lernfeld für die Jugendlichen

In der kontinuierlichen Cliquenarbeit ist die Clique selbst das zentrale Lernfeld der Jugendlichen. Hier können die Jugendlichen in ihren sozialen Kompetenzen geschult werden. Cliquenarbeit ist immer eine Arbeit am Konflikt.

Es kann zwischen zwei Arten von Konflikten unterschieden werden: den Konflikten innerhalb einer Clique und den Konflikten einer Clique in ihrem Sozialraum. Konflikte, die es innerhalb einer Clique gibt, werden in Greven während der regelmäßigen Cliquenzeit mit den verschiedenen Methoden sozialer Arbeit bearbeitet. Bewährt haben sich hier sowohl erlebnispädagogische Ansätze, wie auch verschiedene Moderationsverfahren.

Konflikte der Cliquen in ihrem Sozialraum entstehen häufig durch Probleme mit Anwohnern, die sich durch die Treffgewohnheiten der Jugendlichen gestört fühlen. Daraus resultieren wiederum Konflikte mit der Polizei, dem Ordnungsamt oder auch der Politik. Soziale Arbeit hat in diesen Fällen die Aufgabe, die Jugendlichen in diesen Auseinandersetzungen zu unterstützen und gemeinsam mit der Clique mögliche Lösungsansätze zu erarbeiten. Nicht gemeint ist damit, dass der Pädagoge sich zwischen die Clique und den Beschwerdeträger stellt, sondern vielmehr, dass er beratend an der Seite der Jugendlichen steht.

3. Das Raumkonzept der Mobilen Jugendarbeit Hansaviertel

Das Wissen um die „Pädagogik des Jugendraums“ (Böhnisch, Münchmeier 1990) hat die Theoriediskussion der Jugendarbeit um einen zusätzlichen und grundlegenden Aspekt erweitert. Gegeben war damit ein Ausgangspunkt für weiterreichende Überlegungen zu einer sozialräumlich orientierten Jugendarbeit. So baut auch das besondere Raumkonzept der Mobilen Jugendarbeit Hansaviertel ganz entscheidend auf dieses grundlegende Verständnis der Jugendarbeit auf. Begreift sich das Jugendhaus dazu noch als integrierter Teil eines Stadtteils oder Bezirks ergeben sich weitere Aufgaben und Möglichkeiten für die Arbeit mit Jugendlichen: „Eine sozialräumlich orientierte Offene Kinder- und Jugendarbeit, die sich selbst auch als Teil des öffentlichen Raumes versteht, kann … Kinder und Jugendliche an der Revitalisierung sozialer Räume beteiligen bzw. in einem sozialräumlichen Mandat für deren Wiedergewinnung kämpfen“ (Deinet 2006, 31).

Was bedeutet diese „Pädagogik des Jugendraums“ konkret für die Arbeit in Greven? Die Mobile Jugendarbeit Hansaviertel hat sich in ihrer Einrichtung fast gänzlich von Öffnungszeiten für vermeintlich alle Jugendlichen verabschiedet. Vielmehr gibt es neben dem offenen Bereich insgesamt drei eigenständige Cliquenräume. Eigenständig meint hier, dass zumindest zwei der Cliquenräume einen komplett autonomen Raumbereich mit eigenem Sanitärbereich darstellen. Diese beiden Räume stehen jeweils nur einer Clique zur Verfügung. Jeder Jugendliche hat einen eigenen Schlüssel für „seinen“ Raum, der unabhängig von den Öffnungszeiten der Jugendeinrichtung genutzt werden kann. Der dritte Cliquenraum kann gleichzeitig mehreren jüngeren Cliquen ohne Schlüssel und mit begrenzten Öffnungszeiten als Übungsfeld zur Verfügung gestellt werden. Für die Gestaltung ihres Raums bekommen die Jugendlichen eigenes Geld. In ihrem Cliquenraum sind die Jugendlichen die „Bestimmer“. Sie entscheiden, wer reindarf und wer nicht. Ihre Regeln und ihr Handeln grenzen sie deutlich gegenüber anderen Jugendlichen und Erwachsenen ab. Die Pädagogen haben dabei die ungewohnte Rolle des „Besuchers im eigenen Haus“. Kommen sie in den Cliquenraum, sind sie eine Mischung aus „Eindringling“, „Gast“ und „Kontrolleur“. Erst in zweiter Linie dann auch wieder Vertrauensperson und Ansprechpartner. Bezeichnend hierfür ist, dass die wöchentlichen Cliquenbesprechungen immer im neutralen offenen Raumbereich des Jugendtreffs stattfinden. Die Besprechung im Cliquenraum wird als unangemessen und irgendwie falsch erlebt. Dieser Aspekt zeigt auf, wie sich inzwischen die Kultur der ganzen Jugendeinrichtung verändert hat. Die Cliquenräume werden von vielen Jugendlichen als unabhängig vom Jugendtreff bestehende autonome eigene Räume erlebt.

3.1 Raumaneignung als Prozess in der Cliquenarbeit

Die beiden Gruppenräume der Mobilen Jugendarbeit sind bei fast allen Jugendlichen des Hansaviertels (auch) unter dem Begriff Cliquenraum bekannt und aufgrund ihres pädagogischen Freiraums äußerst beliebt. Dies ist unter Marketinggesichtspunkten für eine Jugendeinrichtung nicht die schlechteste Startbedingung. Problematisch ist dies allerdings, wenn oft schon bei der Kontaktaufnahme mit neuen Jugendlichen die Möglichkeit eines Cliquenraumes im Mittelpunkt des Interesses steht. Nicht selten einhergehend mit dem Versprechen der Jugendlichen, sich in diesem Raum als besonders regelkonform, sozialverträglich und angepasst zu zeigen. Es entsteht dann schnell das Bild des Sozialarbeiters mit „Raumwärterfunktion“, der mit dem Schlüsselbund in der Hosentasche willkürlich Räume vergibt und wieder wegnimmt. Viele Jugendliche sehen den Mitarbeiter also zuerst in der Rolle eines „Quasi-Hausmeisters“. So lässt sich ein natürlicher Prozess der Raumaneignung nur schwer gestalten. Die Mobile Jugendarbeit Hansaviertel geht nicht zuletzt aus diesem Grund mit ihrem Raumangebot wieder vermehrt heraus aus der Einrichtung auf die Straße. Die bewusste Ablehnung der Hausmeisterrolle verdeutlicht schnell die Notwendigkeit der pädagogischen Steuerung von Raumaneignung: Nach welchen Gesichtspunkten vergeben wir eigentlich Räume an eine bestimmte Clique – und an eine andere Clique eben nicht? Wann nehmen wir den Jugendlichen „ihren“ Raum wieder weg? Und inwieweit verknüpfen wir als Pädagogen mit der Raumvergabe das Recht auf pädagogische Einflussnahme und Normensetzung für die Clique in „unserem“ Haus? Die kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Mitarbeiter als „Raumwärter“ hat in Greven zu einem fast idealtypischen Prozess der Raumvergabe in aufeinanderfolgenden Schritten geführt. Allerdings ist hier aber auch die Abweichung von der Regel typisch. Es beginnt fast immer mit der aufsuchenden Jugendarbeit. Bei manchen Cliquen entwickelt sich hieraus ein kontinuierlicher und begleiteter Cliquenprozess (vgl. Abschnitt 2), in dessen Verlauf nach ca. ein bis drei Jahren die eigentliche Raumvergabe erfolgt – oder eben nicht. Auch die Begrenzung auf drei Cliquenräume gebietet eine pädagogisch verantwortbare Raumvergabe. Versuch und Irrtum – eine klassische Methode der Arbeit mit Jugendlichen – zählt hier nur begrenzt.

Folgende Indikatoren sprechen für einen erfolgreich zu gestaltenden Cliquenprozess mit Raum:

Die Jugendlichen verstehen sich als fester Freundeskreis mit deutlichen Abgrenzungstendenzen zu anderen Jugendlichen und Cliquen. Gerade die ersten Wochen im eigenen Cliquenraum verursachen große Krisen. Nur bei einer festen und gewachsenen Struktur sind der Cliquenzusammenhalt und die Freundschaft im Zweifelsfall wichtiger als der Erhalt des Raums. Wird alleine der Raum zum bestimmenden Moment des Handelns, sollten andere Formen der pädagogischen Begleitung und Unterstützung gesucht werden.

Die Jugendlichen sind bei der Raumübergabe zwischen 14 und 16 Jahren alt. Einen Raum mit einer ganzen Gruppe von anderen Jugendlichen zu teilen, erfordert eine große Konfliktfähigkeit und das Einfühlen in die (emotionalen) Bedürfnisse der anderen Cliquenmitglieder. Dies kann jüngere Jugendliche überfordern. Sind die Jugendlichen hingegen schon bei der Raumvergabe über 16 Jahre alt, verliert der Raum schnell seine pädagogische Funktion als Ort des sozialen Lernens. Er ist dann ein Treffpunkt für das Wochenende. Wichtige Cliquenprozesse sind schon abgeschlossen.

Die Clique ist dauerhaft im Stadtteil präsent. Die Zusammensetzung von Freundesgruppen und Cliquen ist gerade im jüngeren Jugendalter einem ständigen Wandel unterworfen. So können eher zufällig gebildete Gruppen für eine bestimmte Zeit konstant an einem Treffpunkt präsent sein und danach für immer verschwinden. Cliquenarbeit mit Raumvergabe erfordert aber eine verlässliche Bindung der Jugendlichen untereinander.

Die Jugendlichen erleben Konflikte im öffentlichen Raum. Hiermit ist nicht gemeint, dass die Anwohner einen Konflikt mit den Jugendlichen haben. Vielmehr sollten die Jugendlichen ihre Treffpunkte und -gewohnheiten selbst als konfliktbehaftet erleben. Langeweile, Vertreibung durch andere Jugendliche, gereizte Anwohner oder auch die Unzufriedenheit mit den räumlichen Begebenheiten ihres selbstgewählten Treffpunktes sind hierfür Beispiele.

Die Raumvergabe bildet den Abschluss eines vorgeschalteten längeren Cliquenprozesses ohne Raum. Aufgrund der positiven Erfahrungen beim aktuellen Treffpunktprojekt – hier wurde aus Zeitgründen auf einen solchen Prozess verzichtet – können die Cliquenräume inzwischen auch ohne einen vorgeschalteten und begleiteten Prozess vergeben werden. Wenn die Pädagogen nicht wichtig für die Clique sind, würde eine solche – dann erzwungene – pädagogische Gruppenarbeit einer „Erpressung“ mit dem Raum als Belohnungssystem gleichkommen.

Die eigentliche Arbeit mit den Jugendlichen in ihrem Raum erfolgt dann in weiteren, hier wieder idealtypisch zusammengefassten, Prozessschritten:

Erste Raumversuche

Die Mobile Jugendarbeit Hansaviertel vergibt Räume inzwischen tendenziell früher und an jüngere Jugendliche. Das erforderte andere Raumkonzepte (Hütten für jüngere Jugendliche, Cliquenräume ohne Schlüsselvergabe etc.) und vor allem neue pädagogische Konzepte. Der erste Raum als Übungsfeld (siehe „dritter Raum“) wird inzwischen weitgehend ohne pädagogische Steuerung betreut, d.h. es gibt keine festen Ansprechpartner bei den Jugendlichen und keine Anwesenheitspflicht bei Cliquentreffen. Die Jugendlichen müssen ebenfalls nicht mehr festlegen, wer zur Clique gehört und wer nicht. Nur das Handeln der Pädagogen wird in einem verbindlichen Rahmen angeboten. Dies kann z.B. bedeuten, dass ein Mitarbeiter zu einer festgelegten Zeit an der Hütte bzw. im Raum ist und als Ansprechpartner zur Verfügung steht. So wird ein Setting geschaffen, bei dem sich die Cliquen ihre eigenen Strukturen gestalten können. Die einzige Konstante ist der ständige Wandel mit wechselnden Cliquenmitgliedschaften, Konflikten und Interessen. Dieser Prozess dauert ohne pädagogische Steuerung länger, ist gleichzeitig aber nachhaltiger und deutlich krisenresistenter für die Clique. Die Pädagogen nehmen die Rolle der Beobachter ein und greifen zumeist nicht in die Cliquenkonflikte ein.

Der eigene Cliquenraum

Die Clique zieht in den autonomen Cliquenbereich, jeder Jugendliche erhält einen Schlüssel. Ab sofort werden verbindliche Regeln und Strukturen mit den Jugendlichen ausgehandelt. Das wöchentliche Cliquentreffen mit fester Zugehörigkeit (inklusive Abmeldung bei Nichterscheinen) ist obligatorisch. Die Jugendlichen geben sich selber strenge Regeln, es wird gemeinsam renoviert und eingerichtet. Alles ist gut, der Clique kann nichts passieren. In Wirklichkeit ist es nur die Ruhe vor dem Sturm ...

Konflikte

Die Clique steht vor der Auflösung. Schon nach einigen Wochen nehmen die Konflikte im und um den Raum zu. Bevor diese offen zu Tage treten, gibt es Indizien für schwelende Konflikte: Der Cliquenraum wird nicht aufgeräumt und Zerstörungen nehmen zu. Besonders kaputte Sofas sind schnell die Folge. Einzelne Cliquenmitglieder erscheinen nicht mehr zu den verbindlichen Cliquentreffen. Solche Konflikte treten immer nach zwei bis sechs Wochen auf. Hierbei gibt es interessanterweise selbst nach zehn und mehr Cliquendurchläufen keine Ausnahme.

Die Konfliktbearbeitung stellt die eigentliche Lernphase für die Clique dar. Nach unseren Erfahrungen müssen die Mitarbeiter jetzt zwischen direktivem Agieren und einem bewussten Zurückstecken und Aushalten von Frustrationen „umswitchen“ können. So kann die strikte Einforderung der Regeleinhaltung inklusive „Bestrafung“ (z.B. zeitlich begrenzte Raumwegnahme) bei einer Clique angebracht und bei einer anderen Clique zu einem massiven Vertrauensverlust in der Zusammenarbeit mit den Pädagogen führen. Entwickelt sich dieser Konflikt zu einem Machtkampf zwischen den Jugendlichen und den Sozialarbeitern, ist die Cliquenarbeit schnell am Ende. Dies führt in Greven bei ca. 15% der Cliquen zu einer dauerhaften Wegnahme des Raumes und teilweise zum Beziehungsabbruch.

Gerade in diesem Spannungsbereich werden von den Mitarbeitern Fehler begangen. Ohne Supervision oder zumindest einer strukturierten kollegialen Beratung ist ein Umgang mit solchen Fehlern schwierig, insbesondere wenn sich dann daraus keine Handlungsalternativen entwickeln können. Das Methodenrepertoire unserer Cliquenarbeit hat sich zu einem großen Teil aus Erfahrungen mit gescheiterten Cliquenprozessen entwickelt. Sinnvoll ist aus unserer Sicht immer eine Betreuung im Team. Die zweite Pädagogenrolle kann dabei durchaus von langfristig in der Einrichtung tätigen Praktikanten oder Honorarkräften eingenommen werden.

Cliquennormalität

Nach einigen Monaten im eigenen Raum tritt die Normalität ein. Dies gilt insbesondere auf der Beziehungsebene zwischen den Jugendlichen untereinander und im Verhältnis zu den Mitarbeitern. Die Cliquenstruktur ist jetzt zumeist sehr gefestigt. Hält sich einer der Jugendlichen nicht an die internen Cliquenregeln, wird dieser Regelverstoß cliquenintern und ohne Beteiligung der Pädagogen geahndet. Verstöße gegen die mit den Mitarbeitern – zumeist „vertraglich“ – ausgehandelten Regeln werden oft gemeinschaftlich begangen, bzw. zumindest von allen Mitgliedern toleriert. Die Kontrollfunktion der Pädagogen stachelt den sportlichen Ehrgeiz an, sich nicht erwischen zu lassen. Eine harte Bestrafung gehört allerdings auch zu diesem Spiel und wird von den Cliquenmitgliedern akzeptiert. Das Verhältnis zwischen Jugendlichen und Mitarbeitern ist freundschaftlich und vertrauensvoll. Diese Phase dauert zumeist plus/minus zwei Jahre.

Ablöseprozesse

Diese Cliquennormalität muss immer von den Sozialarbeitern aufgebrochen werden. Der Cliquenraum – und viel wichtiger – auch die gemeinsame Freundschaft verliert für die Jugendlichen im Alter von ca. 18/19 Jahren an Bedeutung. Schnell degeneriert der Raum zu einem reinen Fetenraum an den Wochenenden. Die Jugendlichen halten jetzt krampfhaft und ein wenig moralisierend an dieser Freundschaft fest. Hierzu werden oft Rituale eingesetzt: „Wir treffen uns jetzt jeden Sonntagnachmittag – nur mit den Cliquenmitgliedern.“ Ebenfalls beginnen die Gespräche bei den wöchentlichen Treffen häufiger mit Anekdoten gemeinschaftlicher Erlebnisse. Das Ende des Cliquenraumes muss fast immer von den Mitarbeitern eingeleitet werden. Oft helfen Übergangsregeln für einen geordneten Ablöseprozess.

3.2 Vom Bauwagen zum Jugendtreff – vom Jugendtreff zum Bauwagen

Bevor vor etwas mehr als zehn Jahren mit dem Bau einer Jugendeinrichtung im Hansaviertel begonnen wurde, war Anfang der neunziger Jahre ein kleines und mobiles Hütten und Bauwagendorf errichtet worden. Eine klassische Besitznahme des öffentlichen Raumes durch Jugendliche. Die Jugendlichen der ersten Generation bekamen noch Jahre später leuchtende Augen, wenn sie von ihren Hütten und Bauwagen im Hansaviertel berichteten. Der Bau der festen Einrichtung für Jugendliche war die logische Fortführung dieser Besitznahme. Die Jugendlichen konnten zeigen: Wir sind jetzt für immer hier, und das haben wir selber auf die Beine gestellt.

Damit war dieser Jugendraum allerdings auch institutionalisiert. Die Jugendlichen mussten sich nicht mehr bemühen, ihr Jugendzentrum war ja da. Die Sozialarbeiter waren zwar weiterhin im Stadtteil unterwegs, aber das Thema Raum mit seinen vielfältigen pädagogischen Möglichkeiten wurde jetzt eher einrichtungsbezogen betrachtet. Eine Auseinandersetzung um Räume fand damit nur zwischen Sozialarbeitern und Jugendlichen und außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung statt. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die vielen Cliquen nicht nur ein räumlich begrenztes Zentrum für Jugendliche, sondern möglichst viele verschiedene gestaltbare Erlebnisräume in ihrem Stadtteil benötigen: Jugendliche müssen auch außerhalb der institutionalisierten Jugendeinrichtungen sichtbar sein. Die Mobile Jugendarbeit Greven hat verschiedene Treffpunktprojekte im öffentlichen Raum durchgeführt, die nachfolgend bezüglich ihrer pädagogischen Gebrauchsfähigkeit beschrieben und bewertet werden. Gleichzeitig stellt es eine erste Ideenbörse für gestaltbare öffentliche Jugendräume dar. Aber auch andere Wege sind möglich. Ausrangierte Bahnwaggons, Container, umgebaute Bushaltestellen und Wohnwagen sind weitere Ideen, die in den letzten Jahren u.a. in Nordrhein-Westfalen umgesetzt worden sind.

Hüttenprojekte

Viele Städte führen in den Ferien mehrwöchige pädagogisch begleitete Abenteuer- und Spielaktionen auf öffentlichen Freigeländen durch. Oft entstehen dabei kleine Hüttendörfer, die im Rahmen von Bauprojekten von den Kindern aus einfachen Holzmaterialien zusammengezimmert werden können. Ebenfalls gibt es pädagogisch begleitete Abenteuerspielplätze, die zumeist aus Spielplatzinitiativen und Förderkreisen der 60er und 70er Jahre hervorgegangen sind. „Bauspielplätze bieten Material und ausreichend Platz, vor allem Hütten zu errichten aus altem Bauholz, aus Latten, Knüppeln, Brettern, die krumm und schief zusammengefügt werden“ (Dillenburger 1975, 21). Die reichhaltige und durchaus noch aktuelle Literatur der siebziger Jahre bietet hierzu eine Vielzahl von phantasievollen Fotos, Skizzen und Texten (vgl. auch Spitzer u.a. 1975, Schulz-Dornburg u.a. 1972). Das Konzept der betreuten Abenteuer- und Bauspielplätze lässt sich in abgewandelter Form für die Mobile Jugendarbeit mit Cliquen adaptieren und kann durchaus als Ideenfundus dienen.

Insbesondere jüngeren Jugendlichen zwischen 11 und 14 Jahren kann so schnell und unkompliziert ein eigener Treffpunkt ermöglicht werden. Der Bau und der Besitz einer einfachen Holzhütte kommen dabei dem typischen Rollenverhalten jüngerer Jugendlicher entgegen. Einerseits können sie noch Kind sein, sie hämmern, sägen und bringen ständig neues Baumaterial zur eigenen Hütte. Es wird täglich verändert, zerstört, neu wieder aufgebaut und eingerichtet. Andererseits ist es aber auch schon der eigene Treffpunkt, der nicht ständig unter erwachsener Beobachtung steht und der das Einüben erster jugendlicher Rollenmuster ermöglicht. Dieser häufige Rollenwechsel ist für uns oft sehr verblüffend: An einem Tag sehen wir die sprichwörtlichen „Schmuddelkinder“, die ein Hüttenkinderleben führen, während sie schon am nächsten Tag wieder ihre coole Jugendrolle mit allem was dazu gehört – erste Liebe, Partys, Rauchen – einnehmen.

Weitere Beurteilung für die pädagogische Arbeit

Hüttenprojekte sind begrenzt auf die Altersgruppe der sehr jungen Jugendlichen. Sie werden den Raumansprüchen älterer nicht mehr gerecht, bzw. werden von diesen abgelehnt.

Mit ein wenig gutem Willen lässt sich immer ein Bauplatz finden. Der Anspruch an diesen Ort ist nicht besonders groß – er kann durchaus etwas außerhalb liegen. Das Projekt ist auf ein bis zwei Sommer begrenzt. Die jüngeren Jugendlichen können selbstständig Räume verändern und gestalten. Eine ständige erwachsene Kontrolle ist nicht nötig. Was kaputt ist, kann genauso schnell wieder aufgebaut werden. Die Kosten für ein Hüttenprojekt sind überschaubar. Das Material (Holz) ist im Vergleich zu anderen Maßnahmen deutlich preisgünstiger und kann z.B. über Materialspenden beschafft werden.

Bauwagen

Bauwagen stellen vielleicht das klassische Projekt der Mobilen Jugendarbeit im öffentlichen Raum dar. Viele Einrichtungen der Mobilen Jugendarbeit sind erst auf diesem Weg entstanden. Neben bzw. historisch schon vor diesen institutionalisierten Projekten gab es auch „selbstorganisierte Bauwagen“. Hier besteht nur selten eine Anbindung an die städtische Jugendpflege, eine erwachsene Kontrolle findet selten oder gar nicht statt (vgl. Pletzer 2005, 362ff.). Solche komplett selbstorganisierten Bauwagen spielen heute nach unserer Einschätzung nur noch eine geringe Rolle. Bei den typischen Cliquen Mobiler Jugendarbeit erfolgt die Anregung für die Nutzung eines Bauwagens also eher durch Pädagogen. Ein solcher Bauwagen kann einer einzelnen Clique für eine eigenständige Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Ebenfalls ist es typisch, Bauwagen als dezentrale Treffpunkte mit regulären Öffnungszeiten anzubieten, oder sie zu festen Zeiten an wechselnden Orten (Spielplätze, Jugendtreffpunkte) aufzustellen.

Weitere Beurteilung für die pädagogische Arbeit

Das „Konzept Bauwagen“ vereint viele Vorteile für die Aufsuchende Jugendarbeit. Es stellt einen ständigen pädagogischen Versuch dar; variabel und mobil und immer wieder für neue Nutzungsmöglichkeiten einsetzbar. Für die Aufstellung wird zumindest so lange keine Baugenehmigung benötigt, wie der Projektcharakter und eine mögliche zeitliche Begrenzung im Raum stehen.

Bauwagen sind dabei zumeist so preisgünstig, dass sie auch ohne erwachsene Bauchschmerzen von Jugendlichen selbst gestaltet, umgebaut und eingerichtet werden können. Selbst nach der x-ten Graffiti- und Gestaltungsaktion gewinnen sie noch im Aussehen und entsprechen umso mehr dem Bild der Jugendkultur. Einen Aspekt bei der finanziellen Planung eines Bauwagenprojektes stellen allerdings die im Vergleich zu einfachen Hütten und Treffpunkten aufwendigeren Installationsarbeiten dar. „Warm und mit viel Musik drin“ könnte das Motto für einen attraktiven Bauwagen lauten. Das bedeutet aber auch, dass ein Stromanschluss bzw. zumindest ein Stromaggregat notwendig ist. Alles andere würde von Jugendlichen letztendlich nicht akzeptiert. Bei der Planung eines solchen Projektes ist zu beachten, dass Zerstörungen an den Wagen und in deren direktem Umfeld oft häufiger als bei anderen Treffpunkten Mobiler Jugendarbeit vorkommen. Das mag daran liegen, dass diese Bauwagen eine Provokation für andere Jugendliche darstellen können, die sich von der Nutzung ausgeschlossen fühlen. Es ist das „Revier“ einer Clique im direkten Umfeld anderer konkurrierender Cliquen. Diese unsere Beobachtung deckt sich da durchaus mit den Erfahrungen in anderen Projekten. Gerade Einbrüche, zerstörte Scheiben und Türen sind übliche Nebeneffekte, die oft nicht einmal in der Verantwortung der jugendlichen Nutzer liegen. Bei diesen macht sich eher Enttäuschung breit, weil ihre jeweiligen Renovierungsarbeiten immer wieder in Frage gestellt werden. Ebenfalls sind solche Zerstörungen oft Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Anwohner und möglicherweise einige kritische Politiker und Verwaltungsmitarbeiter sehen sich bestätigt und fordern Abhilfe. Für die Lösung dieser Konflikte gibt es keine Patentrezepte. Einfach formuliert: Es ist immer hilfreich, wenn das Konzept in der Kommune bekannt und akzeptiert ist, und wenn solche Konflikte als dazugehörig angesehen werden. Dies gilt auch für den Umgang mit den üblichen Regelverstößen der Jugendlichen im eigenen Bauwagen (zum Umgang mit Regelverstößen siehe das folgende Beispiel „Cliquenhaus“). Damit besteht eine nicht zu unterschätzende Hauptaufgabe der Streetworker in der Schaffung eines positiven Projektumfeldes.

Bauwagen stellen insgesamt immer noch die vielleicht eindrucksvollste Möglichkeit dar, um Kinder und Jugendliche im Stadtbild sichtbar zu machen.

Cliquenhaus

Gerade sehr großen Cliquen reichen Bauwagen, Container oder „Draußen- Treffpunkte“ nicht aus. Selten kann eine Jugendeinrichtung dann mit separaten Cliquenräumen dienen. Das „Cliquenhaus“ in Greven ist im Rahmen eines sehr groß angelegten Beteiligungsprojektes im Hansaviertel initiiert worden, welches hier nicht näher beschrieben werden kann. Der Schwerpunkt lag im Bereich der politischen Partizipation. So haben z.B. viele Politiker als Zuhörer an einer moderierten Diskussion mit den Jugendlichen teilgenommen. Ebenfalls erhielt die Clique als Unterstützer zwei einflussreiche erwachsene Projektpaten.

Nach ca. sechs Monaten eines intensiven Beteiligungsprozesses erhielt die Clique ihr Haus, welches ca. 500 Meter außerhalb Grevens lag. Zwei Stockwerke, eine eigene Küche, mehrere Räume und ein Garten wurde so für mehr als zwei Jahre das Zuhause einer 15 –köpfigen Clique plus einem ebenso großen Anhang. Nur zwei Jahre, weil auch hier ein Ablösungsprozess eingeleitet wurde.

Weitere Beurteilung für die pädagogische Arbeit

Es war einer der schönsten und sicherlich intensivsten Cliquenprozesse der Mobilen Jugendarbeit Hansaviertel. Das eine Kommune Jugendlichen ein ganzes Haus zur Verfügung stellt, ist nicht selten der neueste Schrei der Jugendarbeit und erinnert viele Politiker an die Zeiten der Diskussion um die selbst verwalteten Jugendzentren. Viele dieser Projekte scheitern, weil die Verantwortlichen in die typischen Fallen der Arbeit mit Jugendlichen tappen. Da, wo aus erwachsener Sicht Dankbarkeit und Verantwortungsübernahme vorherrschen müssten, gibt es maßlosen Alkoholkonsum, Randale und Partys. Also müssen strengere Regeln her. Viele dieser Häuser werden schnell zu verkappten Jugendtreffs mit festen und von Pädagogen betreuten Öffnungszeiten. Weil es ja „anders nicht geht“. Andere werden nach einigen Monaten wieder geschlossen, weil eigentlich kein pädagogisches Personal vorgesehen war. Für solche Cliquenhäuser sollten daher einige Handlungsempfehlungen gelten: Cliquenhäuser o.Ä. werden erst nach einem erfolgreichen Partizipationsprozess vergeben. Die Jugendlichen müssen dafür frühzeitig in den politischen Entscheidungsprozess integriert werden. Vieles können und sollen die Jugendlichen dabei selber machen. Neben der nötigen Gremienpräsenz bzw. Planung und Durchführung eigener Veranstaltungen mit Politikern und Anwohnern, können die Cliquenmitglieder je nach Fähigkeiten fast alle organisatorischen und handwerklichen Aufgaben übernehmen: Anwohnereinladungen schreiben und verteilen, Öffentlichkeitsarbeit gestalten, Gelder einwerben, Gruppensprecher benennen, Regeln ausarbeiten, Planung von Renovierungsarbeiten, etc. Pädagogen können natürlich unterstützen, die Jugendlichen sollten aber nicht geschont werden. Hier schaffen sie sich schnell arbeitsteilige Strukturen.

Hohe Frustrationstoleranz auf allen Seiten: Starke Regelverstöße und Zerstörungen sind notwendiger Teil eines geplanten Prozesses. Im Grunde lernt eine Clique nur dann, wenn sich solche Störungen einstellen und wenn die Clique im Konflikt mit sich selber und mit Erwachsenen Lösungen findet. Eine Schließung wäre eine Lösung der Erwachsenen. Ein solcher Prozess bedarf einer Begleitung durch hauptamtliches Personal möglichst im Team. Gerade selbstverwaltete Cliquenräume und –häuser werden häufig mit einem vermeintlich pädagogischen Deckmantel versehen und ohne verlässliche Begleitung betrieben. Tatsächlich besteht aber einfach nicht die Bereitschaft, Geld für eine professionelle Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen.

Soziale Kontrolle – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Ein platter Spruch, der allerdings gerade bei selbst verwalteten Cliquenhäusern notwendigerweise zu befolgen ist. Glauben sie nicht, dass sich Jugendliche nur aufgrund von ausgehandelten Regeln auch an diese halten werden. Ein solches Verhalten gehört zum Aufwachsen von Jugendlichen, und muss trotzdem von Erwachsenen sanktioniert werden. Die Kontrolle und die Sanktion müssen dabei nicht nur angedroht, sondern auch durchgesetzt werden. Auch das schafft wieder bewusste Reizpunkte in der Auseinandersetzung mit den Cliquen.

4. Gestaltung eines Treffpunktes im Rahmen des Projektes „Betreten Erlaubt“

Ein grundlegender Baustein der Mobilen Jugendarbeit ist die Stärkung und Unterstützung von Cliquen an ihren Treffpunkten. Es kommt jedoch häufig vor, dass die selbst gewählten Treffpunkte von Jugendlichen problematisch sind, weil es sich zwar um öffentlich zugängliche aber private Räume handelt. Trotzdem muss die Unterstützung der Jugendlichen nicht zwangsläufig ins Leere laufen. Im Folgenden wird ein Prozess beschrieben, bei dem es trotz einer Vertreibung der Jugendlichen von ihrem angestammten Treffpunkt möglich war, ein erfolgreiches Beteiligungsprojekt auf die Beine zu stellen. Es ist hierbei gelungen, die Beteiligung der Jugendlichen fest in diesen Prozess zu verankern. Dies gilt nicht nur für Fragen hinsichtlich der Gestaltung des Treffpunktes, sondern auch für dessen konkrete kommunalpolitische Umsetzung.

Die Ausgangssituation

Im Sommer 2006 traf sich regelmäßig eine große Gruppe Jugendlicher auf einem weitläufigen, teilweise überdachten und gut zugänglichen Privatgelände einer Wohnungsbaugesellschaft. Insbesondere ein dort ansässiges Restaurant war direkt „betroffen“ (vergleiche Evaluationsbericht A. Hasters in diesem Buch). Da gerade dieses Restaurant in unmittelbarer Nachbarschaft zum Jugendtreff der Mobilen Jugendarbeit Hansaviertel liegt, sollten die Pädagogen vor Ort „in die Pflicht“ genommen werden, etwas dagegen zu tun. Unsere Rolle in diesem Konflikt war uns anfangs unklar: Einmischen oder sich heraushalten? Partei ergreifen oder um gegenseitiges Verständnis werben?

Ein Teil der Jugendlichen war uns bisher aus anderen Zusammenhängen bekannt. So berichteten zwei Mädchen, dass sie sich mit ihrer Clique immer „beim Griechen“ (Restaurant) träfen. Sie sprachen von regelmäßigen Problemen mit dem Hausmeister oder der Polizei. „Wir wissen aber auch nicht, wo wir sonst hin sollen“, beklagten sie sich. Schnell wurde jedoch klar, dass ein Erhalt ihres Treffpunktes unrealistisch und nicht durchsetzbar war. Es handelte sich schließlich eindeutig um Privatgrund.

Hier bot sich durch die Teilnahme am Beteiligungsprojekt „Betreten Erlaubt“ eine attraktive Alternative: Mit zusätzlichen Mitteln konnte gemeinsam mit den Jugendlichen etwas in Ihrem Stadtteil entwickelt werden. Über die oben erwähnten Mädchen fand eine erste Kontaktaufnahme mit der restlichen Clique statt. Es handelte sich um ca. 10 Jungen und 5 Mädchen russlanddeutscher Herkunft im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Da der zeitliche Rahmen für das Projekt sehr eng gesteckt war, haben wir die Jugendlichen direkt auf ihren Treffpunkt angesprochen. Wir haben auch sofort gefragt, ob sie Interesse hätten, mit uns einen Platz für Jugendliche im Stadtteil zu bauen. Dies ist ein eher untypisches Vorgehen, welches in diesem Fall aber funktioniert hat. Solche Projekte benötigen in der Regel bereits bestehende und verlässliche Beziehungen zwischen Jugendlichen und Pädagogen. Gegenseitiges Vertrauen, gemeinsame Erlebnisse und eine Form von Privatheit im Umgang sind gerade im Rahmen der Mobilen Jugendarbeit wichtige Eckpfeiler für erfolgreiche Beteiligungsprojekte. Prozesse, für die sonst mehrere Monate zur Verfügung stehen, mussten hier im Schnelldurchlauf angegangen werden. Daher wurde schon zu Beginn des Projektes „geklotzt“: Kurzfristig wurde ein Bus gechartert, um mit den Jugendlichen einen Jugendplatz in Dortmund zu besichtigen. Auch die weiteren Aktionen liefen immer in einem bewusst professionellen und aufwendigen Setting. Dieses Vorgehen hat sich im weiteren Verlauf des Projektes immer wieder ausgezahlt. Die Jugendlichen hatten auch in den schwierigen Phasen des Projektes immer das Gefühl, dass die Pädagogen – aber auch die Politiker – für die zugesagten Dinge einstehen. Wer einen Bus für eine einzelne Clique chartert, muss es einfach ernst meinen…

Die praktische Umsetzung

In einer extrem kurzen und intensiven Beteiligungsphase wurden die Grundlagen für die weitere Planung des Treffpunktes im Hansaviertel geschaffen. So konnte schon 6 Monate nach Projektstart mit der praktischen Umsetzung begonnen werden. Mit Hilfe der Pläne und Ideen der Jugendlichen fertigte eine ortsansässige Holzbaufirma eine Bauzeichnung für den Treffpunkt an. Die Vorgaben waren: So groß wie möglich, aber unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Mittel. Das Ergebnis der Planung war eine sechseckige Hütte, die an drei Seiten geschlossen, an zwei Seiten halb geschlossen und an einer Seite offen war. Den Jugendlichen wäre eine komplett geschlossene Hütte mit fester Tür und einem Schloss deutlich lieber gewesen. Sie befürchteten Zerstörungen und Verschmutzungen durch andere Jugendliche und wollten daher eher eine kleine „Festung“ errichten. Aus unserer Erfahrung konnten wir aber bereits sagen, dass verschlossene Hütten zumeist aufgebrochen werden. Da es sich um einen sehr professionell gebauten Treffpunkt auf öffentlichem Gelände handelt, waren wir hier nicht wie bei anderen Hüttenprojekten bereit, die Jugendlichen diese Erfahrung selber machen zu lassen... Nach der Planungsphase begann dann die praktische Arbeit. In wechselnden Schichten arbeiteten die Jugendlichen über eine Woche im Betrieb der Holzbaufirma. Sie bearbeiteten das Holz und montierten die Hütte mit Hilfe eines Facharbeiters vor. Der endgültige Aufbau auf dem Spielplatz musste dann aber leider warten, da es aufgrund der winterlichen Wetterverhältnisse nicht möglich war, die Fundamente zu setzen. In den Osterferien wurde dann mit Hilfe der Holzbaufirma innerhalb einer Woche die gesamte Hütte inklusive der Sitzbänke aufgebaut.

Bemerkenswert war, dass in der konkreten Bauphase deutlich mehr Jugendliche vertreten waren als wir ursprünglich überhaupt kannten. Den Jugendlichen war es wichtig, ihren Treffpunkt möglichst schnell zu errichten. Sie waren in ihren Ferien jeden Morgen pünktlich um acht Uhr vor Ort und haben auch noch weitere Jugendliche zur Mitarbeit motivieren können. Dieses Phänomen kennen wir gerade aus der Arbeit mit vorwiegend russlanddeutschen Jugendlichen: Im Umfeld der Kernclique sind auch immer viele andere Jugendliche anzutreffen, die aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit zusammenhalten.

Der Aufbau der Hütte wurde von uns insoweit begleitet, dass wir z.B. Strom und Wasser organisierten oder auch Kaffee und Brötchen zum Frühstück brachten. Das Bauprojekt selbst wurde aber ausschließlich von den Jugendlichen, mit Hilfe eines Facharbeiters durchgeführt. Jugendliche, die bisher eher als störend und nicht angepasst erlebt wurden, hatten damit eine große Fähigkeit zur Selbstorganisation gezeigt. Den Jugendlichen wurde die Gelegenheit gegeben, ihre eigenen Kompetenzen und Ressourcen zu erkennen und diese sinnvoll zum Einsatz zu bringen. So gab es die Jugendlichen, die im Jugendhilfeausschuss mit den Politikern redeten, die Jugendlichen die mit uns den regelmäßigen Kontakt hielten und wieder ganz andere, die sich beim Bau des Treffpunktes deutlich hervorhoben. Auch heute ist es noch völlig normal, dass in Gesprächen wie z.B. mit den Anwohnern ganz bestimmte Jugendliche eingesetzt werden und zum sanieren dann halt wieder andere...

Nach dem erfolgreichen Aufbau wurde dann mit allen Beteiligten des Beteiligungsprojektes der Treffpunkt eingeweiht. Neben einigen Anwohnern, den Jugendlichen und den Streetworkern waren auch der Jugendamtsleiter, die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses und der Bürgermeister der Stadt Greven anwesend.

Wie es weiter geht

Der Treffpunkt wird heute, fast ein Jahr nach der Fertigstellung, weiterhin intensiv von der Clique genutzt. Vor allem freitags und samstags treffen sich dort bis zu 30 Jugendliche. Interessant ist, dass die Jugendlichen recht schnell mit dem eigenständigen Umbau ihres Treffpunktes begonnen haben. So wurden die Seitenwände nach und nach zugebaut und mit Fenstern versehen – ein untrügliches Zeichen für die große Identifikation der Jugendlichen mit ihrem Treffpunkt.

Der Kontakt zur Clique findet hauptsächlich über das Internet statt. Zwar geht die zuständige Mitarbeiterin in unregelmäßigen Abständen abends zum Treffpunkt. Dies hat aber nur den Charakter von „Interesse zeigen“. Es wird bewusst darauf verzichtet, zu diesen Zeiten mit den Jugendlichen über mögliche Probleme oder Schwierigkeiten an ihrem Treffpunkt zu sprechen. Um mit den Jugendlichen trotzdem in regelmäßigem Austausch zu sein, werden die Möglichkeiten des „Instant Messaging Programms“ ICQ genutzt. ICQ steht für „I seek you“ (zu deutsch: „ich suche dich“) und dient der schnellen Kommunikation (Chat) über das Internet. Haben die Jugendlichen z.B. ein Problem mit Anwohnern oder mit den Mitarbeitern des Baubetriebshofes, können kurzfristig Informationen ausgetauscht oder Termine abgesprochen werden. Diese Art der Aufsuchenden Arbeit im Chat wurde von uns innerhalb des Projekts erstmalig genutzt. Hier wird deutlich, wie sich die Lebenswelt von Jugendlichen verändert hat und wie sich Jugendarbeit immer wieder anpassen muss.

Für das Frühjahr 2008 ist eine gemeinsame Sanierungsaktion des Treffpunktes geplant. Lose Bretter müssen befestigt und kaputte ausgetauscht werden. Auch soll die Hütte einen neuen Bretterboden bekommen. Der Kontakt mit den Jugendlichen wird so für den Bedarfsfall wieder intensiviert. Bei einem stark frequentierten Jugendtreffpunkt gibt es immer Beschwerden von Anwohnern, anderen Nutzern und auch der Stadtreinigung. Wichtig ist es dann, eine Plattform zu etablieren, bei denen die verschiedenen Seiten an einem Tisch sitzen. Beispiele hierfür können Gespräche zwischen Ordnungsbehörden und den Jugendlichen oder Gespräche zwischen Anwohnern und Jugendlichen sein. In diesen Gesprächen ist eine neutrale und moderierende Haltung der Streetworker notwendig, die natürlich auch die Sichtweise von Anwohnern und anderen „Betroffenen“ erklärt und unterstützt. Aus einer solchen Haltung heraus verdeutlichen wir unser Verständnis der Streetworkerrolle: Wir sind die Begleiter eines Prozesses und nicht die „Ordnungshüter“ des Spielplatzes. Eine genaue Rollendarstellung ist aber auch nach Jahren erfolgreich etablierter Arbeit immer wieder eine Herausforderung für die Mitarbeiter der Mobilen Jugendarbeit.

Das Projekt „Betreten erlaubt“ stellt für das Hansaviertel ein deutlich gelungenes Projekt mit einer großen Signalwirkung für weitere Beteiligungsprojekte im Stadtteil dar. Wie bei allen Projekten, die gut gelingen, entsteht schnell der Eindruck, dass die Beschreibung idealisiert wurde. Dies ist hier nicht der Fall. Gleichwohl sollte gesagt werden, dass viele der Rahmenbedingungen einfach passten – so kam z.B. die Projektförderung exakt zum richtigen Zeitpunkt. Nach Bewilligung der Mittel konnte (und musste) sofort durchgestartet werden. Auch waren die Jugendlichen ein echter „Glücksgriff“ für das Projekt. Es wurde genau die Clique gefunden, die ein wirkliches Interesse und die nötigen Kompetenzen einbringen konnte. Zudem hatten sich die Problemstellung (Vertreibung einer Clique von einem Privatgelände), die mögliche Projektförderung durch die Landesarbeitsgemeinschaft und die gleichzeitige Freigabe städtischer Mittel in ihrer Konstellation förmlich gesucht und gefunden. Ein ebensolcher „Glücksgriff“ waren viele Politiker und auch städtische Bedienstete mit ihrer wohlwollenden Begleitung.

Einige Standorte des Projekts „Betreten Erlaubt“ hatten in der Kürze der vorhandenen Zeit ein Problem, ihr Projekt fristgerecht zu beenden. Für Greven waren die nur auf den ersten Blick ungünstigen Rahmenbedingungen einer sehr kurzen Projektdauer letztendlich sogar vorteilhaft. Wenn Jugendliche den kurzfristigen Erfolg sehen, lässt sich ihre Projektmotivation aufrechterhalten. Und was hätte ein Beteiligungsprojekt für einen Sinn, wenn nach Jahren zähen Ringens endlich ein Treffpunkt entsteht, aus den Jugendlichen aber mittlerweile Erwachsene geworden sind?

5. Ein Ausblick- nicht ohne kritische Anmerkungen

Die Mobile Jugendarbeit ist in das Zentrum der kommunalpolitischen Aufmerksamkeit gerückt. Die Konzepte der klassischen Jugendzentren stehen auf dem Prüfstand, dagegen werden selbst im kleinsten Dorf Projekte Mobiler Jugendarbeit umgesetzt. Für die Kommunalpolitik scheint es sehr attraktiv, wenn sie mit solchen Konzepten vermeintlich preisgünstige Lösungen für fast alle Probleme mit Jugendlichen und Cliquen des Ortes anbieten können. Es wird kein teurer Raum- und Renovierungsbedarf gesehen, Sperrmüll und abgewrackte Räume sind „jugendlich-schick“ und entsprechen scheinbar dem Selbstbild Mobiler Jugendarbeit. Eine langfristige Personalbindung mit hauptamtlichen Mitarbeitern, wie in der Offenen Jugendarbeit, scheint auch nicht nötig. Ein Szenario aus der kommunalpolitischen Realität: „Acht Stunden die Woche – verteilt auf drei Abende – schauen sie doch bitte mal nach den vier Cliquen auf dem Marktplatz und an der Hauptschule, wir wollen das die Randale dort endlich aufhört.“ Das Beispiel der Mobilen Jugendarbeit Greven mit der Förderung und dem Bau einfacher Jugendtreffpunkte kann missverständlich als Plädoyer für pädagogische Minimallösungen verstanden werden und soll doch in eine ganz andere Richtung zielen.

Da wo scheinbar Sperrmüll und Einfach – Behausungen ausreichen, sind in Wirklichkeit Investitionen angezeigt: Gerade Gruppenräume, Bauwagen und Treffpunkte müssen zu Beginn eines jeden neuen Cliquenprozesses grundsaniert sein. Renovierte Böden, Heizungen, Türen und Fenster sind bei jeder Clique entscheidende Grundbedingungen für erfolgreiches pädagogisches Arbeiten mit und in Räumen. Da, wo kurzfristig und „aus der Hüfte geschossen“ kostenneutrales Personal als „Feuerwehr“ für Probleme mit Jugendlichen eingestellt wird, sind erst einmal grundlegende Konzeptionsüberlegungen gefragt. Die Unterstützung – und nicht die Vertreibung aus dem Stadtbild – sind Teil eines breitangelegten Konzeptes zur Förderung von Jugendlichen. Die Aneignung von Handlungsräumen ist eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben für Jugendliche. Hier Freiräume zur Verfügung zu stellen ist eine der grundlegenden Aufgabenstellungen der Mobilen und der Offenen Jugendarbeit.

Literatur

Böhnisch, L./Münchmeier, R. (1990): Pädagogik des Jugendraums. Zur Begründung und Praxis einer sozialräumlichen Jugendpädagogik. Weinheim und München
Deinet, U./Krisch, R. (2006): Der sozialräumliche Blick der Jugendarbeit. Methoden und Bausteine zur Konzeptentwicklung und Qualifizierung. Nachdruck Wiesbaden
Dillenburger, H. (1975): Mehr Raum für wilde Spiele. Stuttgart
Krafeld, F.J. (1992): Cliquenorientierte Jugendarbeit. Grundlagen und Handlungsansätze. Weinheim und München
Krafeld, F.J. (2004):Grundlagen und Methoden aufsuchender Jugendarbeit. Eine Einführung. Wiesbaden
Pletzer, W. (2005): Kleine Einrichtungen im ländlichen Raum: Jugendtreffs, Stadtteiltreffs, Bauwagen, Bauhütten. In Deinet, U./Sturzenhecker, B. (HG): Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. 3., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden. S. 359-366
Schulz-Dornburg, U./Zimmer, J./Schneider, M./Abenteuerspielplatzgruppe MV Berlin/
Schottmayer, G. (1972): Abenteuerspielplätze. Ein Plädoyer für wilde Spiele. Düsseldorf und Wien
Spitzer, K./Günter, J./Günter, R (1975): Spielplatzhandbuch. Ein kritisches Lexikon. Westberlin

Dieser Aufsatz ist entnommen aus Ulrich, Deinet; Heike, Okroy; Georg, Dodt; Angela, Wüsthof (Hrsg.): Betreten erlaubt! Projekte gegen die Verdrängung Jugendlicher aus dem öffentlichen Raum. Verlag Barbara Budrich, Opladen & Farmington Hills, MI 2009

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Barbara Budrich.

Zitiervorschlag

Dodt, Georg und Katja Klein (2008): Cliquenräume, Bauwagen, Jugendtreffpunkte – Das Konzept der Mobilen Jugendarbeit in Greven. In: sozialraum.de (1) Ausgabe 1/2009. URL: https://www.sozialraum.de/cliquenraeume-bauwagen-jugendtreffpunkte.php, Datum des Zugriffs: 27.04.2024