Gemeinwesenarbeit (re-)politisiert!? Denk- und Diskussionsanstöße im Kontext kritisch-reflexiver Sozialer Arbeit

Maren Schreier

A) Einleitung

Gemeinwesenarbeit (GWA) führt im deutschsprachigen Kontext ein schillerndes Dasein. [1] Und mindestens das hat sie mit der Rede vom Sozialraum gemein (vgl. Oelschlägel 2010: 1). [2] Mal wird GWA als Arbeitsprinzip, mal als ressort- und disziplinübergreifendes Handlungsfeld, mal als dritte Methode der Sozialen Arbeit gehandelt. Es gab Zeiten, da galt sie als staats- und systemkritisches Instrument zur Aufdeckung von Widersprüchen und Konflikten (vgl. Oelschlägel 1994, Wendt 1989), dann wiederum in kompensatorisch-pragmatischer Absicht als Instrument zur Effektivierung sozialer Dienstleistungen (vgl. Staub-Bernasconi 2002, Hinte 1991). GWA wurde integriert in das „Fachkonzept Sozialraumorientierung" (Hinte 2007) und dort zur „intermediären Instanz", sie gilt als „Qualitätsmerkmal sozialraumorientierter Sozialer Arbeit" (Klöck 2001) oder wird gegenwärtig als Partnerin „beim Aufbau und bei der Stabilisierung zivilgesellschaftlicher Netzwerke" konturiert (Potz et al. 2010: 5) - insbesondere im Kontext einer „sozialen Stadt- und Stadtteilentwicklung" (vgl. www.bagsozialestadtentwicklung.de). [3] Entsprechend der seit einigen Jahren aufschimmernden „Renaissance" der GWA gibt es zahlreiche Initiativen zu ihrer Professionalisierung und Etablierung, [4] immer wieder durchzogen von (selbst-)kritischen Hinweisen auf die ‚Fallstricke‘, die mit einer allzu engen Verkopplung von GWA mit vorherrschenden Politiken und Regierungsweisen [5] verbunden sind (vgl. exemplarisch Stövesand 2007: 354ff. und 2011, Oelschlägel 2006). [6]

Das Spektrum ist also nicht nur ausdifferenziert, sondern zugleich durchsetzt von Blindstellen, Unschärfen und Diskrepanzen. Damit gehen Ambivalenzen und Widersprüche einher, die im Kontext einer Fachdebatte durchaus Gefahren bergen (weil beispielsweise mit einer unreflektierten Übernahme fachfremder Begriffe und Konzepte und auch mit einem allzu unkritischen „Anschmiegen" an scheinbar innovative Programme und Handlungskonzepte der Verlust kritischer Professionalität einhergehen kann). Zugleich fordern sie Präzisierung oder zumindest Konturierung, Bewertung und damit Positionierung(en) heraus. Insbesondere hier zeigen sich Anschlussstellen für eine kritisch-reflexive Soziale Arbeit.

Die folgenden Ausführungen mögen Denk- und Diskussionsanstöße geben - sie erheben keinesfalls den Anspruch, die aktuell laufende Diskussion um eine schärfere Konturierung „der" Gemeinwesenarbeit, wie sie in zahlreichen Fachkontexten geführt wird, zusammenzufassen, zu strukturieren oder gar zu bewerten. Zudem werde ich auf eine vertiefende theoretische Verortung verzichten, auch historische Entwicklungslinien sowie Handlungsansätze und Arbeitsprinzipien von GWA sind nicht Gegenstand dieses Beitrages. [7] Im Folgenden werden mittels kursorischer Überlegungen Möglichkeiten und Einsatzfelder einer sich als kritisch und selbstreflexiv positionierenden Sozialen Arbeit ausgelotet. Den Ausgangspunkt bilden die oben bereits angedeuteten Ambivalenzen und Widersprüche in der gegenwärtigen Fachdiskussion um GWA. In diesem Kontext werden am Ende dieses Beitrages auch Brückenschläge in Richtung einer kritisch-reflexiven Sozialraumarbeit angedeutet.

Zunächst soll das diesem Beitrag zugrunde liegende Verständnis von GWA erläutert werden, um daran anknüpfend herauszuarbeiten, dass und weshalb eine kritische und selbstreflexive Positionierung Sozialer Arbeit auch in diesem Feld unverzichtbar ist. Dies wird exemplarisch anhand dreier Thematisierungskontexte von GWA veranschaulicht: Der Rede von der Zivilgesellschaft, dem Steuerungsinstrument „Quartiersmanagement" und dem Präventionsprogramm „Communities that Care".

B) Begriffsklärungen und Analyseebenen

Mit dem Terminus Gemeinwesen bezeichne ich in Anlehnung v.a. an Dieter Oelschlägel politische, gesellschaftlich bedingte Handlungsräume und -zusammenhänge, die von Menschen wahrgenommen, ausgedeutet und erlebt, gestaltet, umkämpft und verändert werden können; in denen Menschen sich ihre Geschichte und ihre Umwelt aneignen können, Machtzusammenhänge und die Funktionsweisen von Ausschließungsprozessen (vgl. hierzu Anhorn et al. 2005) verstehen und thematisieren und vor diesem Hintergrund „an bewußter kollektiver Bestimmung und Veränderung ihrer Lebensbedingungen teilnehmen" können (Boulet/Krauss/Oelschlägel 1980: 203, vgl. auch Oelschlägel 2011: 2).

Diese Definition schärft insbesondere zwei Aspekte: Zum einen stellen „Gemeinwesen" weder Territorien dar, noch ist „Gemeinwesen" singulär zu fassen; „Gemeinwesen" sind stets plural, heterogen und zudem oftmals äußerst widersprüchlich. Zum anderen wird die gesellschaftspolitische Dimensionierung deutlich. Sie verweist auf Zusammenhänge und Kräftefelder, mit denen GWA - und nicht zuletzt auch Soziale Arbeit - insbesondere in ihrer handlungspraktischen Ausführung untrennbar verwoben sind. Einer so konturierten Gemeinwesenarbeit käme dann die Aufgabe zu, eine kritisch-reflexive Relationierung der konkreten (nicht nur der unterstellten oder vermuteten!) Lebenswirklichkeiten und Lebensgestaltungsvorstellungen der Menschen mit gesellschaftlichen Verhältnissen (zu denen nicht zuletzt auch gegenwärtige Politikansätze, Programmatiken und Handlungskonzepte zählen) vorzunehmen und entsprechend darauf hin zu wirken, dass ein Zuwachs an Artikulations- und Handlungsmöglichkeiten sowie realer politischer Gestaltungsmacht möglich wird.

Um die homogenisierenden Tendenzen des Begriffs „Gemeinwesen" aufzubrechen und die o.g. Zusammenhänge und Widersprüche analytisch greifbar zu machen, kann die Mehrdimensionalität der GWA entlang folgender Analyseebenen aufgeschlossen werden (vgl. Gestring/Janßen 2005: 161 sowie Stövesand 2007: 143): [8]
Die territoriale Dimension verweist auf konkrete (geographische) Orte, zumeist markiert durch administrative Grenzziehungen (z.B. Gemeinden, Stadtteile, Bezirke oder Quartiere). Die materielle Dimension beinhaltet die materielle Ausstattung dieser Orte: Art und Zustand von Bebauung, Grünanlagen oder Verkehrsanbindung, infrastrukturelle Ausstattung, Freizeitmöglichkeiten usw. Die politische Dimension beschreibt die Ebene der Institutionalisierung von Normen und Deutungsmacht, z.B. durch Verrechtlichung oder auch Programmatiken und politische Handlungskonzepte. Die soziale Dimension umfasst die sozialraumbezogenen Nutzungs- und Aneignungsweisen von Individuen und Gruppen sowie deren (je individuelle) Artikulations-, Handlungs- und Konfliktstrukturen (vgl. Bitzan et al. 2005: 531). Insbesondere mit dieser Dimension geraten die für menschliches Zusammenleben so charakteristischen Heteronomien in den Blick - ein entscheidender Ansatzpunkt für Soziale Arbeit und GWA! Die symbolisch-diskursive Dimension verweist schließlich auf die symbolisch-kommunikative und diskursive Vermitteltheit dessen, was als „Wirklichkeit" gilt. Die diskurstheoretische Annahme, dass Wirklichkeit nicht per se existiert, sondern machtvoll-strategisch hergestellt, stabilisiert und verändert wird, öffnet den Blick in mindestens zwei Richtungen: Hin zu hegemonialen Konstruktionsprozessen von „Wahrheiten" und Gültigkeiten (z.B. die Konstruktion sogenannter „sozialer Brennpunkte" oder „benachteiligter Menschen"), aber auch in Richtung marginalisierter Deutungsweisen von Wirklichkeit(en), von Tabuisierungen und Ausschließungen. [9]
Entscheidend ist hier, dass durch die Mehrdimensionalität die unzähligen Verschränkungen zwischen den Ebenen sichtbar werden. Eine Engführung auf je eine Dimension ist somit (theoretisch) unzulässig, wird im Kontext dieses Analyserasters aber zugleich praktisch-konkret thematisier- und diskutierbar. Auch ermöglicht diese Analysefolie das Sichtbar-Machen unterschiedlicher, auch widersprüchlicher Wahrnehmungsweisen, Zugänge oder impliziter Ziel- und Gestaltungsvorstellungen (vgl. Reutlinger 2010: 7) in gemeinwesenorientierten Zusammenhängen. Zudem können Gemeinwesen vor diesem Hintergrund inter- und auch transdisziplinär analysiert und damit auch praktisch „gestaltbar" gemacht werden. Hier eröffnen sich Anschlussstellen zu der von Kessl, Reutlinger und Wigger ausgearbeiteten Konturierung einer Sozialraumarbeit (vgl. Kessl/Reutlinger 2008, Reutlinger/Wigger 2010, Reutlinger 2010). [10]

C) Exkurs: Zur Notwendigkeit einer offensiven, kritischen Positionierung der Gemeinwesenarbeit

Das oben dargelegte Verständnis von GWA ist anschlussfähig an das Selbstverständnis einer sich als kritisch und selbstreflexiv positionierenden Sozialen Arbeit, die sich (sowohl als Disziplin als auch als Profession) ihrer untrennbaren Verwobenheit in gesellschaftliche Kräftefelder und Macht- wie Herrschaftsverhältnisse bewusst ist (vgl. exemplarisch Anhorn et al. 2005, Redaktion Widersprüche 2006). Damit wird die Notwendigkeit anerkannt, diese sowie die eigene „Positionierung" kontinuierlich und selbstkritisch zu analysieren und zu reflektieren (vgl. Schreier 2010). Einer derart konturierten Sozialen Arbeit kommt die Aufgabe zu, gesellschaftliche Widersprüche bezogen auf ihren Gegenstandsbereich aufzudecken, Interessenkonflikte zu benennen, Ausschließungsprozesse und soziale Ungleichheiten zu analysieren und die zugrunde liegenden Funktionsmechanismen, Machtverhältnisse und Ungerechtigkeiten zu thematisieren und zu skandalisieren. [11]

Die hier angeführte Definition von Gemeinwesenarbeit verbindet diese untrennbar mit gegenwärtigen, historisch-spezifischen gesellschaftlichen Verhältnissen. GWA, das zeigen historische Rückblicke (vgl. exemplarisch Stövesand 2007), ist nicht per se herrschaftskritisch und emanzipatorisch. Ihre Verwobenheit in vorherrschende Regierungsweisen, in rechtliche, institutionelle und moralische Strukturen macht sie hochgradig anschlussfähig an neoliberales Gedankengut, Handlungsstrategien und Konzepte (z.B. „aktivierender Sozialstaat", „bürgerschaftliches Engagement", „Förderung von Eigenverantwortung und Eigeninitiative" usw.). Das mag teilweise der terminologischen Nähe ihrer Kernkonzepte - wie Aktivierung, Empowerment, Partizipation, Hilfe zur Selbsthilfe - zu neoliberalen Politikkonzepten geschuldet sein (zu den Standards der GWA vgl. Hinte et al. 2007). Eine ebenso entscheidende Rolle scheint zudem die „Gratwanderung" zu spielen, die Akteure und Protagonistinnen der GWA im konkreten Praxisalltag vornehmen müssen: Diese bedingt ein Abwägen der Chancen und Risiken, die mit einer finanziellen und strukturellen Absicherung ihrer Projekte und Arbeitsansätze (z.B. im Kontext des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt), der damit verbundenen gesellschaftspolitischen Aufwertung/Anerkennung, aber auch mit der Notwendigkeit einhergehen, dafür u.U. den „Preis" der Verwässerung oder Aufgabe professioneller Prinzipien zahlen zu müssen.
Um also nicht Gefahr zu laufen, für (fachfremde) Politikstrategien und Zielvorgaben instrumentalisiert zu werden oder diesen (möglicherweise unbewusst oder in vermeintlich „guter Absicht") zuzuarbeiten, ist eine klare und offensive Positionierung kritischer GWA unumgänglich.
Es ist also weiterhin unerlässlich, genau hinzuschauen und zu rekonstruieren, „wann, wo und in welcher Weise auf bestimmte Begriffe und Konzepte Bezug genommen wird, und ob dabei ihre ‚produktiven Gefährlichkeiten‘ stillgestellt oder aktualisiert werden - politisch, strategisch, regierungstechnisch gesehen" (Maurer 2005: 201).

D) Ambivalenzen und Widersprüche konkret:

Die oben skizzierten Problematisierungen, aber auch die Anforderungen, die sich einer kritisch-selbstreflexiven GWA stellen, sollen nun anhand dreier Thematisierungskontexte exemplarisch veranschaulicht werden. So lassen sich bereits auf Grundlage eines kursorischen Überblicks über gegenwärtige Einsatzfelder und Diskussionslinien der GWA diese Fragen formulieren:

Ausgehend von diesen Fragen werden im Folgenden immanente Ambivalenzen dieser Zusammenhänge skizziert:

GWA und „Zivilgesellschaft"

Zivilgesellschaftliche Programmatiken und ihre Terminologien (wie Bürgerbeteiligung, Hilfe zur Selbsthilfe, Aktivierung und Motivierung) sind nicht nur allgegenwärtig (da elementarer Bestandteil des Leitbildes eines „aktivierenden Staates", vgl. auch in kritischer Abgrenzung Fehren 2008: 22), sie sind zudem vordergründig anschlussfähig an Konzepte der GWA. Insbesondere die zivilgesellschaftliche „Kernfigur" (Fehren 2010: 19) des „Bürgerschaftlichen Engagements" wurde in den letzten Jahren geradezu inflationär auch (und gerade) in GWA-Kontexten populär. GWA-Projekte wurden und werden überformt von zivilgesellschaftlicher Semantik; damit einher geht, so ist zumindest zu vermuten, eine starke konzeptionelle Überformung ehemals emanzipatorischer Begriffe und Konzepte (vgl. Fehren 2008 und 2010). Eine unkritische und unreflektierte Übernahme derartiger - übrigens durchaus als paternalistisch zu bezeichnender - Ansätze verschleiert die damit einher gehenden Herrschaftsmechanismen. Das Konzept der Zivilgesellschaft hat Leitbildcharakter, die immanente Steuerungslogik sperrt sich massiv gegen widerständige Aktionen und Interessendurchsetzung. Zudem ist die Debatte hochgradig normativ aufgeladen. Einem „Idealbild menschlicher Seins- und Tätigkeitsweisen" folgend (Düker 2011: 97), ausgedrückt in Figuren wie „Effective" oder „Good Citizen" wird der Rahmen dessen, was möglich und erwünscht ist, klar abgesteckt: Es gibt „legitime" Verhaltensweisen (normenkonform, tradiert und etabliert - beispielsweise bezogen auf Engagement und Beteiligung), und ebenso gibt es „unerwünschte" oder gar „falsche" Orientierungen, die jedenfalls nicht „engagementwürdig" sind. Dies ungeachtet dessen, dass es zahlreiche Menschen geben mag, die weder mit dem Leitbild noch mit den Umsetzungsstrategien einverstanden sind. Widerstand und Protest sind nicht vorgesehen, auch fallen individuelle Notlagen i.d.R. aus dem zivilgesellschaftlichen Rahmen, weil sie als selbstverschuldet abgewertet werden und damit entpolitisiert. Die BAG Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit agiert in vielen Feldern dieser zivilgesellschaftlichen Rahmung (vgl. http://www.bagsozialestadtentwicklung.de/) - Hinweise und Auseinandersetzungen mit den Ambivalenzen finden sich jedoch nur rudimentär (hier z.B. Fehren 2010). Das GWA-Verständnis kommt in diesen Kontexten regelrecht „entschärft" daher. Es komme darauf an, „zu lernen, Gruppen zu aktivieren und unter Akteuren zu vermitteln; Brücken zu bauen zwischen Politik und Verwaltung und den Organisationen der Bürger; fähig zu werden, mit der Wirtschaft und ihren Vertretern ins Gespräch zu kommen." (Evers 2009: 5). Hier werden Konsens und Einheitlichkeit angestrebt („neue Formen eines zivilen Austausches mit Politik und Wirtschaft", (vgl. ebd.) in Feldern, in denen diese ganz definitiv nicht gegeben sind. Eine kritisch-reflexive Gemeinwesenarbeit hat sich von derartigen Vereinnahmungen oder „Umklammerungen" zu befreien, um sich ihr Konflikt - und Widerstandspotenzial zu erhalten und um v.a. die für GWA leitende Orientierung an den ureigenen Interessen, Lebensvorstellungen und Haltungen aller Menschen aufrecht erhalten zu können.

GWA und „Quartiersmanagement"

Von „Quartiersmanagement" („QM") ist insbesondere im Kontext und im Gefolge der Programmschiene „Soziale Stadt" die Rede. In vielen Praxiszusammenhängen, aber auch in Fachdiskussionen vermischen sich die Begriffe „GWA" und „QM" auf oftmals unreflektierte Weise, es entsteht zuweilen der Eindruck, dass da, wo vielleicht einmal GWA gemeint war, aus strategisch-taktischen Gründen nun von „QM" die Rede ist. [13] Quartiersmanagement ist allerdings - konträr zur GWA - eine „Top-Down-Strategie", ein Steuerungsinstrument zum „wirksameren Einsatz" öffentlicher Mittel [14], mit dessen Hilfe vorgegebene Prozesse (wie „Aktivierung" oder „Partizipation") und Ziele (wie die „Schaffung selbsttragender Bewohnerorganisationen oder„stabiler nachbarschaftlicher sozialer Netze") umgesetzt werden sollen (vgl. http://www.sozialestadt.de/veroeffentlichungen/endbericht/8.1.phtml). Damit entspringt Quartiersmanagement unmittelbar den Prinzipien neoliberaler, aktivierender Sozialpolitik - eben jener Politik, die selektiert, ausgrenzt und beispielsweise soziale Problemlagen individualisiert oder territorialisiert (vgl. exemplarisch Kessl/Otto 2007, Butterwegge et al. 2008, Dahme/Wohlfahrt 2010). Konsequent weiter gedacht folgen dann aber auch die Ziele vieler Stadtteilentwicklungsprogramme - implizit wie explizit - diesen Logiken. [15] Damit wird QM zum „Scharnier" und nicht zufällig zur „intermediären Instanz" (vgl. Schreier 2011b).
Um es zuzuspitzen: Wer soziale Problemlagen „managen" will, entpolitisiert sie. Dabei werden Widersprüche erzeugt, die vor Ort dazu führen können, dass die o.g. gesellschaftlichen Zusammenhänge und auch die ebenfalls oben skizzierten Dimensionen, mittels derer GWA diese zu erschließen vermag, gänzlich aus dem Blick geraten. Eine kritisch-reflexive GWA ist gehalten, ihre (selbst hergestellten oder von außen geschaffenen) Bezüge zu Steuerungs- und Managementkonzepten wie dem Quartiersmanagement zu hinterfragen und sich entsprechend zu positionieren.

GWA und sozialraumorientierte Programme: „Communities that Care"

Sozialraumorientierte Programme haben Konjunktur. Auch sie sind - wie das QM - zumeist an einer rein territorial gefassten Dimensionierung von „Sozialraum" orientiert. [16] Eine GWA, die sich hier unreflektiert „andockt" und diese Verkürzung nicht aufhebt, wirkt aktiv mit an der Verschleierung von Machtverhältnissen im Kontext von sozialer Ausgrenzung und (nahräumlicher) Segregation. Programme, die Gebiete/Orte (Stadtteile, Quartiere, Kieze usw.) zu „Brennpunkten", „Problemgebieten" oder etwas verschleierter zu „entwicklungsbedürftigen Quartieren" (Soziale Stadt) umdefinieren und in gleichem Atemzug die an diesen Orten wohnhaften Menschen in den stigmatisierenden und diskriminierenden Sog der Problem-, Gefahren- und Gefährdungsrhetorik ziehen, tun ihr Übriges dazu. Ein aktuelles Beispiel ist das in Niedersachsen modellhaft eingeführte Programm „Communities that Care" (www.ctc-info.de). Als „ausgearbeitete Rahmenstrategie" bezeichnet (Landespräventionsrat Niedersachsen 2011: 4), zielt es auf Verhaltensänderung bei jungen Menschen, denen „problematische Verhaltensweisen" (wie „Kriminalität", „Gewalt", aber auch „frühe Schwangerschaft" oder „Depressionen und Ängste", ebd.: 9) zugeschrieben werden. [17] Die Orientierung ist vorrangig problem- und defizitorientiert bei konsequent fehlendem gesellschaftlichen Bezug (z.B. bezogen auf die Zusammenhänge der so genannten „problematischen Verhaltensweisen" mit gesellschaftlichen Widersprüchen und Konfliktfeldern). Insgesamt stehen sicherheits- und ordnungspolitische Ziele im Vordergrund (nicht von ungefähr ist der Landespräventionsrat eingebunden). So wird an erster Stelle die Schaffung „sicherer" Umgebungen (in Stadtteilen), und erst an zweiter Stelle das Hinwirken auf „lebenswerte" Umgebungen propagiert (vgl. ebd.: 3). Abgesehen davon, dass diese Rahmenstrategie zudem auf evidenzbasierte Wissensbestände rekurriert und damit eine klare Steuerbarkeit „sozialer Probleme" bzw. „problematischer Verhaltensweisen" entlang von Risiko- und Schutzfaktoren vorgibt (zur kritischen Diskussion vgl. Otto et al. 2009 und 2010) stellt sich die Frage, weshalb dieses Programm im Kontext von GWA a) umgesetzt und b) bislang meines Wissens nach kaum kritisch diskutiert wird. Zudem öffnen sich hier Themenfelder, die mehr als geeignet sind, auch und gerade von kritischer Gemeinwesenarbeit in politisch-öffentliche Diskurse eingespeist zu werden (z.B. bezogen auf den gesellschaftlichen Umgang mit sogenannten „sozialen Problemen", die zunehmende Kriminalisierungspraxis bezogen auf bestimmte Gruppen junger Menschen usw.).

E) Ausblick und Anstöße

Abschließen möchte ich mit einigen Gedanken zum - insbesondere in der Praxis der GWA - immer wieder diskutierten Aspekt der Risiken einer kritischen, sperrigen und unbequemen Positionierung. Hier geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage nach Möglichkeiten und Reichweite von Kritik und Widerständigkeit, und damit um die Frage nach Möglichkeiten und Grenzen professionellen Handelns. Sicherlich ist es einfacher - weil relativ ungefährlich - aus einer wissenschaftlichen Position heraus Widerständigkeit einzufordern. Über der Praxis schwebt letztlich, um es salopp auszudrücken, unablässig das Damoklesschwert drohender (oftmals auch realer) Mittelkürzung oder gar -streichung. Wer nicht mitmacht, erhält keine Förderung; schnell sind Existenzen, Projekte und langjährig aufgebaute Strukturen bedroht. „Mitmachen" aber bedeutet in der Praxis zumeist: In vorhersehbaren Zeitabständen auf neue, „innovative" Programmschienen springen, "lokale Aktionspläne" (www.los-online.de) oder integrierte Handlungskonzepte entwickeln und umsetzen, die hierfür erforderlichen Zielgruppen ausfindig machen oder programmtaugliche Defizite konstruieren, indikatorenbasierte Evaluationsbögen weisungsgemäß ausfüllen, Erfolge und Zielerreichung so positiv wie möglich darstellen („best practice") - und das alles in einer meist sehr eng vorgegebenen „Programmlogik", die in vielen Fällen wenig bis kaum kompatibel ist mit Zielen und Standards einer kritischen Sozialen Arbeit/GWA. [18] In vielen Situationen (insbesondere dann, wenn GWA in staatlicher Trägerschaft umgesetzt wird) erfordert ein mindestens „sperriges" Agieren zudem einen Grenzgang zwischen Politik- und Trägerinteressen und dem in vielen GWA-Konzepten hoch gewichteten Willen der Adressat_innen (vgl. Hinte 2007). [19]

Es ist sicherlich notwendig und auch legitim, die Arbeit pragmatisch und kreativ-subversiv anzulegen: Durch Umdeutungen von Begriffen, Konzepten und Handlungsvorgaben, strategisch-taktisches Verhalten, z.B. Austarieren zwischen Anpassung und Konfrontation, konsensorientiertes Handeln u.v.m. All dies ist jedoch angesichts der politischen „Großwetterlage" und der entsolidarisierenden Stimmung in der Gesellschaft nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein - wenn überhaupt. Es scheint wichtiger denn je, auf die o.g. Widersprüche und Ambivalenzen, auf die systemimmanenten und strukturell beförderten Ausschließungsprozesse und die hieraus resultierenden Macht- und Statusungleichheiten und Konfliktfelder offensiv zu verweisen (vgl. Schreier 2011b, bezogen auf die gegenwärtig hochaktuelle Auseinandersetzung mit Wohnraumspekulanten vgl. Hollenstein/Kollmann 2011). Das gilt nicht nur für GWA, sondern letztlich für alle Arbeitsansätze und Konzepte, die a) entweder durch „schwammige" Begriffsverwendung und Konzeptionalisierung charakterisiert sind und/oder die b) Gefahr laufen, von fachfremden Begriffen und Konzepten überformt zu werden. Damit lässt sich vieles des hier im Kontext von GWA Formulierten auch auf die Diskussion um eine Konturierung und Ausformung einer Sozialraumarbeit übertragen. Denn auch hier wird neben dem analytischen Aufschluss der unterschiedlichen Ausdeutungen und Zugänge zu „Sozialraum/Sozialraumorientierung" (vgl. Reutlinger/Wigger 2010), mittels derer vor allem auch Konfliktlinien und Spannungsfelder sichtbar werden, der Sozialraumarbeit ein durchaus offensiv-politischer Handlungsauftrag zugewiesen (vgl. Reutlinger 2010: 12). Damit werden der Fachdiskussion entscheidende Impulse gegeben - was Sozialer Arbeit wiederum die Möglichkeiten erweitert, sich auch fach-, disziplin- und politikfeldübergreifend in Debatten einzuhaken.

Eine intensive fachliche Auseinandersetzung sowie überdies kollegiale Unterstützung (auch übrigens durch Bündnispartner_innen) sind hierfür unerlässlich. Denn Konfliktorientierung und Widerständigkeit erfordern neben einer gehörigen Portion Mut in erster Linie ein selbstbewusstes, kritisch-selbstreflexives und an klaren fachlichen [20] wie auch ethischen Standards orientiertes Agieren. [21] Da wird es nicht ausbleiben, dass Soziale Arbeit, insbesondere Gemeinwesenarbeit, entsprechend manches Mal als unbequem, störrisch, einhakend und vielleicht auch ungeliebt empfunden wird. Das mag angesichts der noch immer zu konstatierenden Sehnsucht „Sozialer Arbeit" nach gesellschaftlicher und politischer Anerkennung wenig attraktiv erscheinen. Wenn Soziale Arbeit und/oder GWA allerdings lediglich die Nischen, Spielräume oder auch Mitgestaltungsmöglichkeiten nutzen, die staatlicherseits vorgegeben werden, dann fallen immer wieder genau diejenigen aus dem „Zusammenhalt", die der Systemlogik folgend nicht zugehörig sein wollen oder denen Zugehörigkeit verwehrt wird. Soziale Arbeit wird sich letztlich nur dann Respekt, Eigenständigkeit und letztlich Gestaltungsmacht verschaffen (bzw. erhalten) können, wenn sie die auch ihre eigene Funktion betreffenden Ambivalenzen nicht nur aushält, sondern aktiv und offensiv wendet.

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Rothschuh, Michael/ Spitzenberger, Elfa 2010: Auf dem Weg zu handlungsbezogenen Theorien der Gemeinwesenarbeit. In: Gahleitner, Silke Brigitta/ Effinger, Herbert/ Kraus, Björn/ Miethe, Ingrid/ Stövesand, Sabine/ Sagebiel, Juliane (Hrsg.): Disziplin und Profession Sozialer Arbeit. Entwicklungen und Perspektiven. Opladen & Farmington Hills, MI, S. 77-94.

Schreier, Maren, 2010: „Quo vadis, Soziale Arbeit? Eine Polemik aus aktuellem Anlass". Kommentar. In: Sozial Extra, H. 9/10 2010, ,S.31.

Schreier, Maren, 2011a: Gemeinwesenarbeit. Entwicklungslinien und Perspektiven eines Arbeitsprinzips. In: Ministerium für Bildung und Wissenschaft der russischen Föderation / Staatliche Nekrassov-Universität Kostroma / Evangelische Hochschule Darmstadt (Hg.): Soziale Arbeit in Russland und Deutschland - Theoretische Ansätze und professionelle Vorbereitung der Bachelor-Studenten. Kostroma/ Darmstadt 2011,
S. 130 – 144 (dt. Version) bzw. S. 50-63 (russ. Version).

Schreier, Maren, 2011b: Gemeinwesenarbeit, Quartiersmanagement und Politik. Vortrag anlässlich der Konferenz „Gegen die soziale Spaltung der Stadt" am 05.04.11 in Bremen. Online verfügbar unter http://www.arbeitnehmerkammer.de/cms/upload/Veranstaltungen/VA-Dokumentationen/Vortrag_Schreier_End_GWA_QM_Politik_April_2011.pdf, Zugriff am 09.08.11.

Seithe, Mechthild, 2010: Schwarzbuch Soziale Arbeit. Wiesbaden.

Staub-Bernasconi, Silvia, 2002: Community Work around the World: In: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Sozialarbeit. Heft April 2002, S. 6-12.

Stövesand, Sabine, 2007: Mit Sicherheit Sozialarbeit! Gemeinwesenarbeit als innovatives Konzept zum Abbau von Gewalt im Geschlechterverhältnis unter den Bedingungen neoliberaler Gouvernementalität. Hamburg.

Stövesand, Sabine, 2011: Gemeinwesenarbeit als Instrument neoliberaler Politik? Online verfügbar unter: http://www.stadtteilarbeit.de/grundlagen-zn/330-gwa-neoliberalepolitik.html, Zugriff am 08.08.11.

Wendt, Wolf Rainer, 1989: Gemeinwesenarbeit. Ein Kapitel zu ihrer Entwicklung und zu ihrem gegenwärtigen Stand. In: Ebbe/Friese (a.a.O.).


Fussnoten

[1] Dieser Beitrag fokussiert die deutschsprachige Rezeption und blendet die (hiervon oftmals abweichenden) Diskussions- und Entwicklungslinien in anderen Ländern weitestgehend aus. Exemplarisch sei verwiesen auf Campfens 1999.

[2] Weitere mögliche Schnittmengen von GWA und Sozialraumarbeit werde ich an entsprechenden Stellen im Text andeuten.

[3] Einen aktuellen und kompakten Überblick über die Entwicklungsgeschichte der GWA geben Rothschuh und Spitzenberger 2010.

[4] Vgl. u.a. die Sektion GWA der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit, die BAG Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit, die Online-Plattform www.stadtteilarbeit.de, den Film zur GWA (DGSA 2010) oder den europäischen Masterstudiengang Gemeinwesenentwicklung, Quartiermanagement und Lokale Ökonomie (http://www.macd.hm.edu/).

[5] Der Terminus „Regierung" bezieht sich auf gouvernementalitätstheoretische Ansätze, vgl. Foucault 2010, Bröckling et al. 2000: 10) und beschreibt unterschiedliche Selbst- und Fremdführungstechniken („Regierungsweisen") von Menschen.

[6] Dass die Debatten um Zuschnitte der GWA bisweilen recht polemisch geführt werden, kann ebenfalls zu den Besonderheiten der deutschsprachigen Rezeption gezählt werden. Einblicke ermöglichen Hinte 2007: 82ff., Bitzan u.a. 2005: 548ff.

[7] Zur Vertiefung sei verwiesen auf die Beiträge in dieser Ausgabe sowie insbesondere auf die Diskussionen in Bitzan et al. 2005, die Beiträge von Hinte et al. 2007, Rothschuh und Spitzenberger 2010, Schreier 2011a oder die Veröffentlichungen unter www.stadtteilarbeit.de.

[8] Diese Dimensionierung entspringt der Fachdiskussion um „Sozialraum" bzw. Sozialen Raum, in deren Kontext Dieter Läpple (1991) eine vierdimensionale Beschreibung des gesellschaftlichen Raums vorgenommen hat. Damit wird der in der Raumforschung breit diskutierten Notwendigkeit Rechnung getragen, „Raum" als etwas Relationales zu fassen. Die hier präsentierte Dimensionierung wurde um einige Aspekte, wie z.B. die diskursive Dimension, ergänzt.

[9] Die hier zugrunde gelegten diskurstheoretischen Prämissen beziehen sich auf die Überlegungen Michel Foucaults (vgl. Foucault 2007).

[10] Im „St. Galler Modell zur Gestaltung des Sozialraums" werden drei Zugänge zum Sozialraum (Menschen, Orte und Struktur) in transdisziplinärer Perspektivierung miteinander verbunden (vgl. Reutlinger/Wigger 2010).

[11] Vgl. auch Seithe 2010, Anhorn et al. 2005, Maurer 2006; Vgl. auch die Resolution der Berliner Arbeitstagung Soziale Arbeit, online verfügbar unter http://einmischen.info/resources/Resolution+Soziale+Arbeit_+2011.pdf

[12] Vgl. http://www.lpr.niedersachsen.de/nano.cms/de/Aktivitaeten?XAction=Details&XID=80; Ähnlich kritisch lassen sich überdies die Verkopplungen von GWA mit dem Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt" diskutieren; es scheint - zumal angesichts der drastischen Mittelkürzungen durch die Bundesregierung im vergangenen Jahr - regelrecht tabuisiert zu sein, die durchaus problematischen Implikationen und Zielsetzungen dieser Programmfamilie zu benennen: Immerhin ist das Programm Teil einer taktischen Umsetzung neoliberaler Politikstrategien (wie Dezentralisierung, Responsibilisierung, Individualisierung sozialer Problemlagen, Territorialisierung, Aktivierung usw.), die - wie theoretisch wie praktisch längst erwiesen ist - Ausschließung und Ausgrenzung nicht nur in Kauf nehmen, sondern aktiv verschärfen (vgl. exemplarisch Butterwegge et al. 2008, Dahme/Wohlfahrt 2010).

[13] Zur differenzierten Auseinandersetzung vgl. exemplarisch Krummacher u.a. 2003 und die Beiträge unter www.stadtteilarbeit.de.

[14] http://www.soziales.bremen.de/detail.php?gsid=bremen69.c.2891.de

[15] Vgl. ausführlich zu diesen Zusammenhängen die Beiträge in Dahme/ Wohlfahrt 2010.

[16] Zur Kritik dieses reduzierten Begriffes von „Sozialraum" vgl. Kessl/Reutlinger 2007, 2008 und Reutlinger 2010.

[17] Als Oberziele werden u.a. die Schaffung „gesunder Überzeugungen", „klarer Standards" und „gesundes Verhalten" für Kinder und Jugendliche benannt (ebd.: 11), wobei darauf hinzuweisen ist, dass „gesund" hier synonym mit „richtig", „korrekt" oder „politisch gewünscht" zu lesen ist.

[18] Eine der wenigen Ausnahmen stellt das Bremer kommunale Handlungsprogramm „WiN-Wohnen in Nachbarschaften" dar; vgl. Barloschky in dieser Ausgabe bzw. Barloschky/Schreier 2005.

[19] Ein gelungenes Beispiel für das Aufweichen von Grenzen ist die Einführung von Quartiersbudgets/ Stadtteilfonds mit konsensualer Beschlussfassung in Bremer Quartieren. Hier entscheiden auf öffentlichen Sitzungen alle Teilnehmenden im Konsens über die den Einsatz öffentlicher Finanzmittel, vgl. Barloschky/Schreier 2005 und Barloschky in dieser Ausgabe.

[20] Diese Standards müssen diskutiert werden, ebenso wie ihre normativen Bezugspunkte; sie könnten beispielsweise gerechtigkeitstheoretischer oder ausschließungstheoretischer Art sein.

[21] Entsprechenden Mut und professionelle Konsequenz haben zuletzt die Kolleg_innen der Sächsischen Landjugend e.V. bewiesen. In einer respektablen Aktion haben sie die Einstellung der gesamten hauptamtlichen Arbeit zum Ende des Jahres 2011 verkündet. Hintergrund waren bzw. sind die radikalen Mittelkürzungen in der Jugendpolitik und die Einschätzung der Fachkräfte, so keine fachliche Arbeit mehr leisten und verantworten zu können. http://www.landjugend-sachsen.de/index.php?id=100&tx_ttnews[tt_news]=88&tx_ttnews[backPid]=3&cHash=1e278e7253


Zitiervorschlag

Schreier, Maren (2011): Gemeinwesenarbeit (re-)politisiert!? Denk- und Diskussionsanstöße im Kontext kritisch-reflexiver Sozialer Arbeit. In: sozialraum.de (3) Ausgabe 1/2011. URL: https://www.sozialraum.de/gemeinwesenarbeit-re-politisiert.php, Datum des Zugriffs: 29.03.2024