Editorial zur Ausgabe 1/2018

Liebe Leser*innen,

mit der vorliegenden Ausgabe 1/2018 von sozialraum.de feiern wir das zehnjährige Erscheinen dieses Online-Journals. Wir bieten damit seit 2009 eine Plattform für den Fachdiskurs zum sozialräumlichen Denken und Handeln in der Sozialen Arbeit und den Sozialwissenschaften. Auch in der aktuellen Ausgabe sind 13 neue Beiträge versammelt, die verdeutlichen, dass dieser Diskurs weiter mit großer Vielfalt und viel Engagement geführt wird.

In der Rubrik „Grundlagen" gehen Christian Reutlinger und Christina Vellacott in einem Essay der Frage nach, ob es neben Sozialräumen auch „Asozialräume“ gibt. Marie-Therese Sagl entwickelt in einer Studie zum aktuell wiederbelebten Diskurs zum Sozialen Wohnungsbau sechs Leitsätze für mehr soziale Nachhaltigkeit in Bauvorhaben und für bestehende Projekte. Stefan Weidmann widmet sich der Frage, welche Anforderungen die Gemeinwesenarbeit in einer alternden Gesellschaft vorfindet und wie sie ihre Konzepte und Methoden in diesem Feld noch stärker zur Wirkung bringen kann. Und Michael Görtler beschreibt in seinem Beitrag, wie sozialräumliche Settings noch stärker konzeptionell in die politische Bildungsarbeit integriert werden können.

Im Methodenkoffer führt Michael May aus, wie die Methode der Autofotografie durch Anschlüsse an Paulo Freires Prinzip der Kodierung und Dekodierung und an das sozialpädagogische Ortshandeln nach Michael Winkler konzeptionell erweitert werden kann. Und Darius Brockhaus und Jeannine Wintzer erläutern anhand der sozialen Konstruktion der vermeintlichen „Flüchtlingskrise“, wie stark unsere Wirklichkeitskonstruktionen durch Onlinekarten beeinflusst werden und wie mit Karten methodisch und didaktisch reflektiert umgegangen werden kann.

Als Gast der Ausgabe konnten wir mit dem DOJ/AFAJ den Schweizer Dachverband für Offene Kinder- und Jugendarbeit gewinnen, der in seinem Beitrag seine Aktivitäten und seine sozialräumlichen Bezüge beschreibt.

Die Rubrik Projekte beginnt mit einem Beitrag einer Sozialraumanalyse von Christian Spatscheck, die unter Bezugnahme auf die Arbeiten von Marc Augé und Jan Gehl am Beispiel der beiden Bremer Quartiere Überseestadt und Viertel die Aufenthalts- und Lebensqualitäten urbaner Quartiere beschreibt. Ebenfalls unter konzeptioneller Bezugnahme auf Marc Augé formuliert Andreas Thiesen in seinem Beitrag eine Ethnografie verschiedener Leipziger Nicht-Orte. Clemens Back schließt diese Rubrik mit einem fachlichen und persönlichen Resümee zu 21 Jahren Gemeinwesen- und Quartiersarbeit in Freiburg-Rieselfeld ab.

In der Rubrik Praxis präsentieren Peter Schruth und Titus Simon ihr Rechtsgutachten zum strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrecht für Mitarbeiter*innen der aufsuchenden Sozialen Arbeit und nehmen Stellung zur zunehmenden Einschränkung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in diesem Bereich. Marion Müller, Ines Himmelsbach und Cornelia Kricheldorff beschreiben auf dem Hintergrund der sozialraumbezogenen Alternsforschung sowie einer Analyse von Angeboten der Quartiersarbeit mit älteren Menschen die konzeptionellen Grundlagen eines von ihnen entwickelten Weiterbildungsangebotes für diesen Bereich. Abschließend erläutert Matthias Scheibe seine methodischen Erfahrungen mit Angeboten einer sozialraumorientierten Jungenpädagogik in einem Thüringer Landkreis.

Wir wünschen nun viel Freude beim Lesen und eine anregende Beschäftigung mit den Beiträgen dieser Ausgabe.

Bremen, Düsseldorf, St.Gallen, Wien im Oktober 2018,

Christian Spatscheck, Ulrich Deinet, Christian Reutlinger, Richard Krisch