Zwischen Schule, Jugendhilfe und Sozialraum – Ergebnisse einer Studie zur Schulsozialarbeit in Düsseldorf

Ulrich Deinet, Kirsten Nelke

Nach dem enormen Ausbau der Schulsozialarbeit in den letzten Jahren, sowohl durch kommunale Landesmittel als auch durch das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes, und ihrer Etablierung als „neues Feld“ der Jugendhilfe, obwohl sie im SGB VIII nach wie vor nur unter dem Begriff der Jugendsozialarbeit zu finden ist, stellen sich nun Fragen der konzeptionellen Verortung der Schulsozialarbeit zwischen Schule, den Lebenswelten der Kinder, Jugendlichen und ihren Familien sowie in Bezug auf die Öffnung von Schule in den Sozialraum und zu den anderen Feldern der Jugendhilfe.

Je nach Trägerschaft, kommunalen Strukturen (besonders zwischen Schulverwaltung und Jugendamt), Schulform, Anstellungsform und konkretem Konzept vor Ort reicht das Spektrum von einer nur schulbezogenen Schulsozialarbeit bis hin zu einer Öffnungsfunktion der Schulsozialarbeit in Hinblick auf die Schulentwicklung, einer Kooperation mit außerschulischen Institutionen und einer sozialräumlichen Öffnung von Schule in den jeweiligen Sozialraum.

Bei der Öffnung von Schule kann die Schulsozialarbeit eine wichtige Scharnierfunktion zwischen Schule und den Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen übernehmen, jedoch auch bezüglich außerschulischer Bildungsorte im Sinne einer breiten Bildungslandschaft (s. u.). Schulsozialarbeit ist sehr stark eingebunden in den schulischen Alltag und Rahmen. Die Frage ist, ob es dennoch Hinweise auf die skizzierte sozialräumliche Öffnungsfunktion der Schulsozialarbeit gibt, z. B. als Verbindung zu Institutionen im Stadtteil usw.

In einer lokalen Studie, der Befragung von Schulsozialarbeiter_innen in Düsseldorf konnten diese Themenbereiche aufgenommen werden. Neben den Tätigkeiten in Bezug auf die Hauptzielgruppen der Schulsozialarbeit (Schüler_innen, Lehrer_innen und Eltern) ging es auch um den Blick auf die Gesamtorganisation der Schule sowie deren Entwicklung und Öffnung in den Sozialraum.

1. Anlage der Befragung

Auf Basis der Angaben der Träger lagen Kontaktdaten von 98 Schulsozialarbeiter_innen aus Düsseldorf vor. Die Befragung wurde als onlinegestützte Befragung im Zeitraum von Ende September bis Mitte Oktober 2014 durchgeführt. Der Fragebogen ist weitgehend standardisiert und mit nur wenigen offenen Fragen ausgestattet. Nach einer Nachfassaktion liegt die Rücklaufquote mit insgesamt 78 % auf einem sehr hohen Niveau. Die Stichprobengröße liegt bei n=76. Der Fragebogen umfasst die Themenfelder Soziodemografie, Tätigkeitsfelder und Erfolge der Arbeit, Rahmenbedingungen der Arbeit, wie auch Partner_innen und Zusammenarbeit mit anderen Bereichen.

Soziodemografie (1/2)

Abb. 1: Soziodemografie (1/2)
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Abb. 2: Soziodemografie (2/2)

Abb. 2: Soziodemografie (2/2)
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Neben der Tatsache, dass auch in diesem Arbeitsfeld die Sozialarbeit überwiegend weiblich ist (84 % der Befragten sind weiblich), spiegeln die Altersstruktur und die Beschäftigungszeiten im sozialen Handlungsfeld der Beschäftigten ein hohes Erfahrungspotential wieder, das in der Schulsozialarbeit mit ihrer wichtigen Lotsenfunktion sehr nützlich sein dürfte.

Abb. 3: Rahmenbedingungen/Arbeitsbedingungen

Abb. 3: Rahmenbedingungen/Arbeitsbedingungen
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Durchschnittlich gibt es an den Schulen seit sieben Jahren Sozialarbeiter_innen. Förder- und Hauptschulen haben durchschnittlich seit über zehn Jahren eine Schulsozialarbeiter_in. Bei den anderen Schulformen liegt der aggregierte Wert deutlich niedriger, bei etwa fünf Jahren. An Gymnasien und Gesamtschulen ist jeweils im Schnitt nur eine Schulsozialarbeiter_in, an den Hauptschulen ist fast durchgängig im Schnitt noch eine weitere Schulsozialarbeit_in beschäftigt, an den Grundschulen hingegen fast nie. Insgesamt gibt knapp die Hälfte der Befragten (49 %) an, der/die einzige Schulsozialarbeiter_in an der entsprechenden Schule zu sein. 51 % haben eine weitere Kolleg_in aus dem Arbeitsfeld.

2. Konzeptionelle Fragen

Die klassischen Zielgruppen der Schulsozialarbeit und die an sie gerichteten Angebote und Tätigkeiten spiegeln sich in der nachfolgenden Frage wieder. An die Zielgruppe der SchülerInnen werden vor allem Angebote der Beratung und Begleitung, Mitwirkung in Unterrichtsprojekten, offene Gespräche, Kontakt- und Freizeitangebote, Gruppenarbeit in unterschiedlichen Themenbereichen bis hin zu Beratung und Begleitung bei Schulverweigerung gerichtet.

Abb. 4: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (1/4: Schüler/_innen)

Abb. 4: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (1/4: Schüler/_innen)
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Beratung, Einzelfallhilfe, Streitschlichtung stehen, wie erwartet, im Vordergrund in einer Angebotsmischung von Einzelberatung und Gruppenarbeit. Dennoch gibt es auf Platz vier mit 66 % offene Gespräche, Kontakt- und Freizeitangebote. D. h., auch wenn der Schwerpunkt der Tätigkeiten mit Schülerinnen und Schülern eher in dem Bereich von Krisenintervention, Beratung und Problembelastung liegt, existiert doch ein nicht unbeträchtlicher Teil der Arbeit der befragten Schulsozialarbeiter_innen auch im Bereich der nicht krisenorientierten Arbeit im Freizeitbereich und anderer informeller Bildungsangebote (Platz 4 und Platz 8). Weniger Beachtung finden die Bereiche „Gruppenarbeit zum Thema Berufsorientierung“ sowie „Individuelle Förderung bei Leistungsschwäche“.

Abb. 5: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (2/4: Lehrer/-innen)

Abb. 5: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (2/4: Lehrer/-innen)
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Bei der Zielgruppe der Lehrer_innen reicht das Spektrum von gegenseitigem Austausch bis hin zu der Planung und Organisation gemeinsamer Projekte.

Hier geht es vor allen Dingen um gegenseitigen Austausch von Erfahrungen und Informationen sowie Entwicklung gemeinsamer Handlungsstrategien. Auf Platz drei stehen Organisation und Planung von gemeinsamen Projekten und Angeboten. Deutlich dahinter liegen Unterrichtshospitationen an vierter Stelle der Angebote und Tätigkeiten in der Kooperation mit Lehrer_innen.

Abb. 6: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (3/4: Eltern)

Abb. 6: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (3/4: Eltern)
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Die Methoden der Schulsozialarbeit sind ebenfalls in den Aktivitäten mit Eltern erkennbar: Individuelle Beratung, Erziehungs- und Bildungsfragen, Vermittlung von Angeboten für Eltern, weitere Beratungsleistungen, aber auch Organisation von Elternabenden bzw. Elternstammtischen oder neueren Angeboten der Elternarbeit/Erziehungspartnerschaft z. B. in Form von Elterncafés.

Interessant ist, dass mit 47 % das Initiieren und Begleiten von Gesprächen zwischen Lehrer_innen und Eltern auf Platz drei der Angebote und Tätigkeiten der Schulsozialarbeiter_innen mit Eltern steht. Gerade weil Schulsozialarbeiter_innen hier in einem durchaus konfliktträchtigen Feld zwischen Eltern und Lehrer_innen sowie Schüler_innen arbeiten, könnte dies doch ein Zeichen für eine sehr professionelle Gestaltung ihrer Tätigkeit sein.

In einem vierten Bereich der Frage nach wichtigen Angeboten und Tätigkeiten geht es um die für diese Befragung typische Intention des Blicks auf die Gesamtorganisation der Schule und auch deren Entwicklung und Öffnung in den Sozialraum. Bei der Frage nach konkreten Angeboten und Tätigkeiten in diesem Bereich geht es von der Unterstützung im Ganztag über die Ferienprogramme der Ganztagsbetreuung, die Unterstützung der Schule im Hinblick auf Inklusionsaufgaben, der Mitarbeit bei der Gestaltung des Schulraums und des Schulhof bis zur Unterstützung bzw. Zusammenarbeit mit der Schülerselbstverwaltung. Diese Tätigkeiten und Angebote stehen für die im Rahmen dieser Befragung vorrangigen Themen der Öffnung von Schule, der Gestaltung von Schule, aber auch der Schulentwicklung.

Abb. 7: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (4/4:Schule insgesamt)

Abb. 7: Angebote und Tätigkeiten im Arbeitsfeld (4/4:Schule insgesamt)
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Die Haupttätigkeiten und Angebote für die Schule insgesamt ergeben, dass Aufbau und Ausbau eines Netzwerkes innerhalb des Sozialraums auf Platz eins mit 48 % der Top Two steht. Dies fällt deshalb auch auf, weil alle weiteren genannten Tätigkeiten sich eher auf schulinterne Themen beziehen, wie etwa die Unterstützung der Schule bei Inklusionsaufgaben, die Unterstützung der Angebote im Ganztag etc. Die ersten beiden Tätigkeiten, d. h. Aufbau und Ausbau eines Netzwerkes und die konzeptionellen Gespräche mit der Schulleitung, stehen bei den unter Top Two zusammengezogenen Nennungen („sehr oft“ und „oft“) fast gleichauf. Dies zeigt noch einmal deutlich, wie sich das Handlungsfeld von Schulsozialarbeiter_innen zwischen den prioritären schulinternen Aufgaben und der Öffnung von Schule bzw. hier dem Aufbau und Ausbau eines Netzwerkes gestalten. Die weiteren genannten Angebote und Tätigkeiten liegen doch deutlich dahinter mit 28 % und weniger.

Deshalb ist es auch interessant, an welchen Orten außerhalb der Schule die Schulsozialarbeit tätig ist. Denn die Ortsfrage ist in der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule nicht nur eine formale, sondern auch eine konzeptionelle Frage, die z. B. auch damit zusammenhängt, ob außerschulische Orte aus schulischer Sicht als interessante Orte wahrgenommen, erkannt und genutzt werden. So richtet sich die folgende Fragestellung auf die Nutzung von benachbarten Kinder- und Jugendeinrichtungen, aber auch Sportanlagen und öffentliche Grünflächen.

Abb. 8: Angebote außerhalb der Schule

Abb. 8: Angebote außerhalb der Schule
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Immerhin ein Viertel der Befragten (24 %) gibt an, keine Angebote außerhalb der Schule durchzuführen. Von den befragten Schulsozialarbeiter_innen, deren Angebote auch außerhalb der Schule stattfinden geben 46 % an, dass solche Angebote in Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, z. B. in Jugendzentren aber auch auf Abenteuerspielplätzen durchgeführt würden. Dieser Bereich zeigt sich deutlich als Ort außerhalb von Schule, an dem die meisten Angebote stattfinden. Danach werden öffentliche Grünflächen und Sportanlagen genannt, die sich wiederum durch einen anderen Ortscharakter auszeichnen als die Angebote bzw. Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Unter der relativ großen Kategorie „Andere“ firmiert eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Einrichtungen von Museen über Vereine bis hin zu speziellen Beratungsstellen.

Typisch für die Schulsozialarbeit heute ist die Kooperation mit sehr zahlreichen Partner_innen innerhalb und außerhalb der Schule. Die folgende Frage richtet sich deshalb auf die Kooperationspartner außerhalb der Schule, zum einen im Bereich der Jugendhilfe (von Kindertageseinrichtungen über die Hilfen zur Erziehung, der Kinder- und Jugendarbeit bis zum Bezirkssozialdienst) zum anderen in Bereichen anderer unterstützender Systeme.

Abb. 9: Kooperation außerhalb der Schule

Abb. 9: Kooperation außerhalb der Schule
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Die Kooperation mit Schulsozialarbeiter_innen an anderen Schulen ist für 68 % die meist genutzte Kooperationsform außerhalb von Schule, gefolgt vom Bezirkssozialdienst sowie den Hilfen zur Erziehung und der Erziehungsberatung. Auf Platz fünf folgen dann Jugendzentren und Jugendeinrichtungen mit 29 %.

Diese Differenz zwischen der Nutzung von Jugendeinrichtungen und der Betrachtung von Jugendeinrichtungen als Kooperationspartner außerhalb von Schule macht noch einmal deutlich, dass die Raumnutzung von Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit aus Sicht von Schulsozialarbeiter_innen ein durchaus leitender Aspekt ist, d. h. wir haben eine Differenz zwischen der Nutzung von Einrichtungen und Räumen und der Kooperation mit den Institutionen.

Darüber hinaus geht es aber auch um die Kooperation mit Vereinen und Institutionen im jeweiligen Sozialraum. Sportvereine, Musikschulen, Jugendkultureinrichtungen, Jobcenter, Agentur für Arbeit und Polizei sind typische Institutionen für die Kooperation, die sich auf der Grundlage spezifischer Beratungs- und Angebotsleistungen entwickelt.

In der in der Abbildung zehn illustrierten Frage geht es um die Einschätzung der Wirkung von Schulsozialarbeit aus Sicht der dort tätigen Sozialpädagog_innen. Mit dieser einzigen Frage nach Wirkungen, die sich natürlich immer auch lokal sehr unterschiedlich darstellen lässt und auf unterschiedliche Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, wollen wir zumindest den Versuch machen, die Einschätzung der Fachkräfte abzubilden, vor allem in Bezug auf die Veränderung von Schule durch Schulsozialarbeit (Hilfe für problembelastete Schüler_innen, Schulklima, Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule etc.). Es geht einerseits um die mögliche Wirkung der Schulsozialarbeit in den Themen und Bereichen des Schullebens (z. B. Lernmethoden, Vorbereitung der Schüler_innen auf das Berufsleben, Umgang mit Schulschwänzern und Schulverweigerung etc.). Andererseits aber auch um die Öffnung von Schule oder die Gestaltung der Schule als Lebensort, etwa in der Frage nach der lebenswerten Gestaltung des Schulgebäudes, der Verbesserung des Lernklimas insgesamt etc.

Abb. 10: Ergebnisse und Erfolge: Wirkung von Schulsozialarbeit

Abb. 10: Ergebnisse und Erfolge: Wirkung von Schulsozialarbeit
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Die Antworten auf die Frage nach den Einschätzungen der Wirkung der Schulsozialarbeit zeigt auf Platz eins, dass 91 % der Befragten glauben, dass problembelastete Schüler_innen schneller und unkomplizierter Hilfe bekommen würden.

Interessant ist aber, dass auf Platz zwei die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule steht, mit Nennungen von 79 % der Befragten. Die folgenden Aspekte beziehen sich auf die Zusammenarbeit mit Eltern, das Schulklima, die Verhinderung von Schulversagen, Freizeitangeboten an Schule sowie die zurückgehende Zahl von gewalttätigen Handlungen an Schulen. Ähnlich wie oben zeigt sich hier die erwartungsgemäß starke Schulstandortorientierung der befragten Schulsozialarbeiter_innen. Dennoch ist es erstaunlich, dass die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule einen so hohen Stellenwert hat, der natürlich auch zu einer besseren Problembearbeitung der Schulsozialarbeiter_innen führt. Damit verbunden ist aber auch eine Öffnung von Schule in Hinblick auf andere Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe, für die die Schulsozialarbeit die Funktion einer zentralen Schnittstelle übernimmt.

Während die Situation vieler Schulsozialarbeiter_innen noch vor Jahren dadurch gekennzeichnet war, dass sie als Einzelkämpfer_innen an einer Schule tätig waren, also in einem fremden Feld, so ist die Situation an vielen Schulen heute eine andere. D. h. es gibt nicht nur Schulsozialarbeiter_innen, sondern auch weitere Träger und Angebote, die regelmäßig an einer Schule stattfinden, insbesondere aus dem Bereich der Jugendhilfe.

Wir wollten uns deshalb einen Überblick verschaffen, welche weiteren Fachkräfte aus dem Bereich der Jugendhilfe an den jeweiligen Schulen tätig sind, z. B. in den Tätigkeitsfeldern OGS, im Übergang zwischen Schule und Beruf oder auch von Beratungsstellen. Die Antworten auf diese Fragen bilden ab, inwieweit sich das Arbeitsfeld der Schulsozialarbeit auch durch eine interne Kooperation an den jeweiligen Schulen verändert hat und wie die Kooperation mit den weiteren Partner_innen aussieht.

Abb. 11: Zusammenarbeit mit Fachkräften aus weiteren Feldern der Jugendhilfe

Abb. 11: Zusammenarbeit mit Fachkräften aus weiteren Feldern der Jugendhilfe
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Bei der Frage nach weiteren Fachkräften aus dem Bereich der Jugendhilfe verwundert nicht, das mit 46 % die Fachkräfte der OGS an erster Stelle stehen, denn diese ist in Düsseldorf mit über 80 Standorten ausgesprochen weit verbreitet. An zweiter Stelle mit 34 % stehen andere Fachkräfte aus dem Bereich „Übergang Schule und Beruf“.

Die in Abbildung 12 dargestellte Frage richtet sich in die umgekehrte Richtung und erfasst die Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen, Arbeitskreisen, Fachgruppen im Sozialraum, an denen die Schulsozialarbeit beteiligt ist, z. B. Sozialraumteams, Fachgruppen zu speziellen Themen, Stadtbezirkskonferenzen etc. Mit dieser Frage soll auch festgestellt werden, inwieweit Schulsozialarbeit eine sozialräumliche Funktion übernimmt, einerseits in Richtung der Öffnung von Schule für den jeweiligen Sozialraum, andererseits aber auch in der zivilgesellschaftlichen Aktivierung von Schule als Akteurin im jeweiligen Sozialraum.

Abb. 12: Beteiligung an Arbeitsgruppen/Arbeitskreisen/Fachgruppen etc. (1/2)

Abb. 12: Beteiligung an Arbeitsgruppen/Arbeitskreisen/Fachgruppen etc. (1/2)
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Nur 20 % der befragten Schulsozialarbeiter/-innen sind nicht an Arbeitsgruppen, Arbeitskreisen und Fachgruppen im Sozialraum oder außerhalb ihrer Schule beteiligt. An erster Stelle stehen Fachgruppen zu spezifischen Themen gefolgt von Sozialraum- oder Stadtteil-AGs sowie Stadtteilkonferenzen. Dies zeigt noch mal deutlich die Scharnierfunktion der Schulsozialarbeiter_innen zwischen Schule und Sozialraum sowie den dort tätigen Institutionen, aber auch den Gremien und Akteuren.

Gerade bei großen Schulen existiert eine komplizierte Binnendifferenzierung in unterschiedlichen Arbeitsgruppen, Arbeitskreisen und Fachgruppen. Deshalb erfasst die folgende Frage (Abbildung 13), an welchen Konferenzen Schulsozialarbeiter_innen im Schulkontext teilnehmen.

Abb. 13: Beteiligung an Arbeitsgruppen/Arbeitskreisen/Fachgruppen etc. (2/2)

Abb. 13: Beteiligung an Arbeitsgruppen/Arbeitskreisen/Fachgruppen etc. (2/2)
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Die Integration der Schulsozialarbeiter_innen ins schulische Leben zeigt sich darin, dass fast alle Befragten (99 %) innerhalb der Schule an der Lehrerkonferenz teilnehmen sowie 43 % an den wichtigen Schulkonferenzen.

3. Rahmenbedingungen/Ausstattung

Wesentlich für die Wirksamkeit der Schulsozialarbeit sind ihre eigenen Rahmenbedingungen und Ressourcen: Dazu gehört ganz konkret die Möglichkeit der Nutzung eines eigenen Büros, dessen Ausstattung, aber auch weitere Räume als Gesprächsraum oder für Gruppenangebote sowie technische Ausstattung etc. (Abbildung 14).

Abb. 14: Rahmen- und Arbeitsbedingungen

Abb. 14: Rahmen- und Arbeitsbedingungen
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Auch wenn die Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeiter_innen mit den zum Teil hohen Prozentwerten durchaus positiv aussehen, besonders was ihr eigenes Büro betrifft, so scheinen doch geeignete Räume für Gruppenangebote nur für gut 50 % der Schulsozialarbeiter_innen zur Verfügung zu stehen. Dies zeigt noch mal, wie wenig heutige Schulen über Räume für Gruppenangebote etc. verfügen.

Dass nur 53 % der Schulsozialarbeiter_innen einen permanenten Zugang zum Schulgebäude haben, ist allerdings im Vergleich zu den Fachlehrer_innen kein besonderer Befund, sondern im Schulbereich durchaus üblich.

Die meisten Schulsozialarbeiter_innen in Düsseldorf sind eingebunden in die Trägerstruktur der Wohlfahrtsverbände sowie weiterer Träger der Jugendhilfe. Für ihre Wirksamkeit ist die Unterstützung seitens des Trägers von großer Bedeutung, die sich in unterschiedlichen Formen, wie der kollegialen Fallberatung, der Supervision, aber auch in Form von Fortbildungen äußert. Deshalb fragen wir nach der Beurteilung dieser Unterstützungsleistungen durch die Schulsozialarbeiter_innen (Abbildung 15)

Abb. 15: Unterstützung durch den Arbeitgeber

Abb. 15: Unterstützung durch den Arbeitgeber
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Die fachliche Unterstützung weist eine hohe Quote in den Angeboten der Träger aus. Der Grad der Zufriedenheit der Beschäftigten mit diesen Angeboten ist hoch und erreicht beim Thema „Fortbildung“ mit knapp 80 % seinen Spitzenwert. Kollegiale Fallberatung wird ebenfalls von 75 % als insgesamt „hilfreich“ oder „sehr hilfreich“ beschrieben, ebenso wie 74 % Supervision als hilfreiches Element nennen.

Abb. 16: Zusatzqualifikationen

Abb. 16: Zusatzqualifikationen
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Die angegebenen Zusatzqualifikationen zeigen die aktuellen Themen im Bereich von Jugendhilfe und Schule der letzten Jahre und die ersten drei stehen für die problembezogenen Handlungsfelder der Schulsozialarbeit. Auf Platz vier steht die Erlebnispädagogik mit 22 %, auf Platz sechs der Sport-Übungsleiter, gefolgt von „Juleica“, Mediation und Theater-, Medienpädagogik. Es zeigt sich also auch hier wiederholt ein Bild, das einerseits die dominanten Themen der Schulsozialarbeit im Bereich von Krisenintervention und Beratung zeigt, andererseits aber auch hier der Hinweis auf eine schulöffnende bzw. freizeitpädagogisch orientierte Tätigkeit vieler Fachkräfte in diesem Bereich.

4. Konzeptionelle Anmerkungen: Schulsozialarbeit im Spannungsfeld zwischen Schulstandort- und Sozialraumorientierung

Die Auswertung der Düsseldorfer Befragung im Vergleich zu anderen Studien (z. B. Evaluation der Schulsozialarbeit im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets in Wuppertal. Bergische Universität Wuppertal, Oelerich 2013) zeigen die ambivalente Situation der Schulsozialarbeit zwischen Schulassistenz und der Öffnung der Schule, für die die Schulsozialarbeit eine bedeutende Rolle zu spielen scheint. Für die weitere Entwicklung ergeben sich aus dieser Einschätzung einige Anmerkungen:

Will die Schulsozialarbeit nicht nur Schulassistenz sein, sondern Schule weiter öffnen, ihr sozialpädagogisches Profil ausbauen und die Etablierung einer sozialräumlichen Bildungslandschaft unterstützen, dann muss sie einen Spagat ausführen zwischen Schulstandort und Sozialraum (Lebenswelten); und dies funktioniert nur mit starken außerschulischen Partner_innen!

In der Praxis nach wie vor sehr verbreitet ist jedoch eine eher schulstandortbezogene Form der Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe. Diese schulstandortbezogene Kooperationsform zeichnet sich durch eine primäre Orientierung an den Schüler_innen und der einzelnen Schule aus: Schule ist die Institution um die sich alles dreht und der Ort, an dem auch alle Aktivitäten stattfinden, zu denen die Kooperationspartner_innen aus dem Sozialraum kommen sollen.

Demgegenüber steht eine stärker sozialraumbezogene Kooperation und Schulsozialarbeit mit den Elementen: Orientierung an Kindern und Jugendlichen (und nicht nur deren Rolle als Schülerinnen und Schüler). Schule ist dann ein wichtiger Lebensort neben anderen. Die Öffnung von Schule und die Kooperation mit Institutionen im Sozialraum führen zu einer Anerkennung außerschulischer Lernorte und zu deren Nutzung. Schule macht sich auch auf den Weg in den Sozialraum und dies alles ist auch ein Schritt zur Entwicklung einer lokalen Bildungslandschaft.

Der eingangs beschriebene Ausbau der Schulsozialarbeit und ihre breite Etablierung ist unserer Einschätzung nach aktuell mit der Gefahr einer Überschätzung und damit auch Überlastung der Schulsozialarbeit verbunden. Schulsozialarbeit würde sich übernehmen und ist womöglich überfordert, wenn sie das ganze Spektrum der Jugendhilfe an Schule allein abbilden soll. Diese Gefahr ist aber auch insofern gegeben, als sich aus Sicht der Schule die als durchaus kompliziert erlebte Kooperation mit den Bereichen der Jugendhilfe nun auf die an der Schule ansässige Schulsozialarbeit reduziert.

Damit verbunden ist auch die Gefahr einer kontraproduktiven Wechselwirkung, in der der Ausbau der Schulsozialarbeit dazu führt, dass aus schulischer Sicht alle sozialen Aufgaben auf diese abgeschoben werden und die Schule sich nicht wirklich öffnet und bewegt. Die Schulsozialarbeit darf sich auf Grund ihres Erfolgs und ihrer Anerkennung deshalb jetzt nicht selbst überschätzen und ungewollt kontraproduktive Wirkungen erzeugen, indem sie das allein verantwortliche soziale Gewissen der Schule wird und sich alle auf sie verlassen.

Literatur

Deinet, U./Baier, F. (Hrsg.) (2011): Praxisbuch Schulsozialarbeit. Methoden, Haltungen und Handlungsorientierungen für eine professionelle Praxis. Opladen: Barbara Budrich.

Deinet, U./Icking, M./Leifheit, E./Dummann, J. (2010): Jugendarbeit zeigt Profil in der Kooperation mit Schule. Opladen, Farmington Hills: Barbara Budrich.

Deinet, U. (2010): Von der schulzentrierten zur sozialräumlichen Bildungslandschaft. In: Sozialraum.de (2), Ausgabe 1/2010. URL: www.sozialraum.de [Zugriff am 25.08.2015].

Hochschule für angewandte Wissenschaft u. Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen, HAWK (Hrsg.) (2014): Schulsozialarbeit in Niedersachen, Hildesheim. Eigenverlag.

Pötter, N. (Hrsg.) (2014): Schulsozialarbeit am Übergang Schule – Beruf. Wiesbaden: Springer VS.

Oelerich, G. (2013): Evaluation Schulsozialarbeit im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) in Wuppertal. Bergische Universität Wuppertal: Eigenverlag

Speck, K. (2006): Qualität und Evaluation in der Schulsozialarbeit. Konzepte, Rahmenbedingungen und Wirkungen. Wiesbaden: VS Verlag.

Speck, K./Olk, T. (Hrsg.) (2010): Forschung zur Schulsozialarbeit. Stand und Perspektiven. Weinheim und München: Juventa Verlag


Zitiervorschlag

Deinet, Ulrich und Kirsten Nelke (2015): Zwischen Schule, Jugendhilfe und Sozialraum – Ergebnisse einer Studie zur Schulsozialarbeit in Düsseldorf. In: sozialraum.de (7) Ausgabe 1/2015. URL: https://www.sozialraum.de/zwischen-schule-jugendhilfe-und-sozialraum.php, Datum des Zugriffs: 19.03.2024