Soziale Arbeit im öffentlichen Raum – Ein Glossar zur ressortübergreifenden Rollen- und Begriffsklärung in Wien.

Richard Krisch, Christoph Stoik

Zur Erstellung des Glossars

Aus einer reflexiven sozialräumlichen Haltung heraus (Kessl/Reutlinger 2010) stellt sich die Frage, wie Soziale Arbeit sich aus einer fachlichen Perspektive zu einer sozialräumlichen Orientierung verhalten soll. Welche Rolle soll Soziale Arbeit spielen, wenn oft die lokale erlebte Verunsicherung Ausgangspunkt des Auftrags ist, wenn Konflikte im öffentlichen Raum, als Ausdruck der „Verräumlichung sozialer Probleme“ (Böhnisch 2006), bearbeitet werden. Welche Aufgaben hat Soziale Arbeit dabei und worin unterscheidet sie sich von sicherheits- und ordnungspoltischen Zugängen.

Diese Fragestellung war Ausgangspunkt eines Begriffsklärungsprozesses zum Glossar „Soziale Arbeit im öffentlichen Raum“ in Wien. Es ging einerseits darum, die Rolle der Sozialen Arbeit zu  definieren, den Stellenwert der Sozialen Arbeit zu benennen und einen Verständigungsprozess in ihren unterschiedlichen Handlungsfeldern zu befördern. In diesen Bereichen finden eine Vielzahl von Begriffen ihre Verwendung, das Verständnis über die Begriffe ist jedoch sehr unterschiedlich.

Angesprochen sind Handlungsfelder in fünf Geschäftsgruppen der Stadt Wien in den Bereichen Bildung, Jugend, Information und Sport; Gesundheit und Soziales; Integration, Frauenfragen; KonsumentInnenschutz und Personal; Stadtentwicklung und Verkehr; Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung. Diese sind in der ressortübergreifenden Beratungsgruppe „Soziale Arbeit im öffentlichen Raum“ vernetzt. Initiiert und organisiert wurde diese Beratungsgruppe von Tanja Wehsely, einer Landtagsabgeordneten, die ausgebildete Sozialarbeiterin ist.

Mit dem so entstandenen Glossar wurde die Rolle der Sozialen Arbeit im öffentlichen Raum reflektiert und in Abgrenzung zu ordnungspolitischen Maßnahmen positioniert. Damit wird auch die traditionell bedeutende Stellung der Sozialen Arbeit im öffentlichen Raum in Wien politisch bestätigt.

Für die Erstellung dieses Glossars wurde 2009 das Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit der Fachhochschule Campus Wien, Department Soziales von der Stadt Wien beauftragt. Erstellt wurde das Glossar durch Richard Krisch und Christoph Stoik unter Mitarbeit von Evelyn Benrazougui-Hofbauer und Johannes Kellner. Im Februar 2011 wurde das Glossar von den zuständigen StadträtInnen angenommen und freigegeben. Die wissenschaftlich-fachliche Beratung für die Erstellung des Glossars erfolgte durch Wolfgang Schröer (Universität Hildesheim), Fabian Kessl (Universität Duisburg/Essen), Ulrich Deinet (Fachhochschule Düsseldorf), Sabine Stövesand (Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg) sowie Marc Diebäcker, Elisabeth Raab-Steiner und Josef Schörghofer (alle FH Campus Wien).

Als empirische Grundlage für dieses Glossar wurden Einrichtungen erfasst, welche im weiteren Sinn Soziale Arbeit im öffentlichen Raum leisten. Es handelt sich um Organisationen, die im öffentlichen Raum mit Konflikten, sozialen Problemen bzw. Entwicklungstatsachen konfrontiert sind und deren Handeln sich auch auf den öffentlichen Raum bezieht. Die Konzepte und Selbstdarstellungen dieser Einrichtungen stellten den Ausgangspunkt für die empirische Erarbeitung der begrifflichen Festlegungen dar. Es wurden relevante Begriffe erhoben und deren Verwendung in den unterschiedlichen Einrichtungen bzw. Bereichen einander gegenübergestellt.

In einem zweiten Schritt wurde der aktuelle fachlich-theoretische Diskurs zusammengefasst und mit den zuvor erhobenen Begrifflichkeiten in Bezug gesetzt. Darüber hinaus wurden zentrale theoretische Termini, welche sich für den Diskurs der Sozialen Arbeit im öffentlichen Raum als relevant herausgestellt haben, auf unterschiedlichen, sich teilweise überschneidenden Ebenen gegenübergestellt: Hier wurden professionelle Handlungskonzepte, professionelle Handlungsebenen, sozialpädagogische/sozialarbeitstheoretische Einbettungen, sozial-/gesellschaftspolitische Zugänge unterschieden. Im Glossar werden in einer Übersicht alle Begrifflichkeiten aufgelistet und dann jeweils in einer Kurz- und einer anschließenden Langfassung beschrieben.

Ausblick

Das Glossar festigt und positioniert die Rolle der Sozialen Arbeit in der Diskussion um den öffentlichen Raum. Das Glossar „Soziale Arbeit im öffentlichen Raum“ stellt nun eine mögliche Grundlage für die weitere, differenziertere Klärungen und Begründungen der Arbeit in den einzelnen Feldern (z.B. in der offenen Kinder- und Jugendarbeit oder der Gemeinwesenarbeit) dar. Andererseits könnte es einen Ausgangspunkt für die weitere Reflexion und einen Diskurs zu sozialer Arbeit im öffentlichen Raum bieten.

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Literatur

Böhnisch, Lothar (2006): Politische Soziologie. Opladen: Barbara Budrich.

Krisch, Richard/Stoik, Christoph/Kellner, Johannes/Benrazougui-Hofbauer, Evelyn (2011): Glossar Soziale Arbeit im öffentlichen Raum, Im Auftrag der Stadt Wien. Wien.

Kessl, Fabian/Reutlinger, Christian (2010): Sozialraum. Eine Einführung. 2. Auflage. Wiesbaden: VS-Verlag.

Wohnbauforschung Wien; Ma 50 (2011): Glossar Soziale Arbeit im öffentlichen Raum. Wien. Online unter:
http://typo.jugendzentren.at/vjz/fileadmin/pdf_downloads/pdf_f_experts/2011_Glossar_Soziale_Arbeit_oeffentl_Raum.pdf

Stadtentwicklung Wien, MA 19 (2009): Freiraum – Stadtraum – Wien. Vorsorge, Gestaltung, Management. Das Wiener Leitbild für den öffentlichen Raum. Stadt Wien. Wien.


Zitiervorschlag

Krisch, Richard und Christoph Stoik (2016): Soziale Arbeit im öffentlichen Raum – Ein Glossar zur ressortübergreifenden Rollen- und Begriffsklärung in Wien.. In: sozialraum.de (4) Ausgabe 2/2012. URL: https://www.sozialraum.de/soziale-arbeit-im-oeffentlichen-raum-glossar.php, Datum des Zugriffs: 15.10.2024