Schulsozialarbeit auf dem Weg zur Sozialraumorientierung? – Ergebnisse einer Erhebung zur Schulsozialarbeit in Düsseldorf

Ulrich Deinet, Maria Icking

Der folgende Beitrag beschreibt und reflektiert die zentralen Ergebnisse einer im Jahr 2018 an der Forschungsstelle für sozialraumorientierte Praxisforschung und Entwicklung (FSPE) der Hochschule Düsseldorf unter der Leitung der beiden Autor*innen durchgeführten Studie zur Schulsozialarbeit in Düsseldorf.

In Abstimmung mit dem Jugendamt der Stadt Düsseldorf wurden im Frühsommer 2018 die Schulsozialer*innen zu ihren Tätigkeitsfeldern, zu den Rahmenbedingungen ihrer Arbeit und zu Kooperationsformen in der Schule und im Sozialraum befragt. Ein Schwerpunkt ist die in den letzten Jahren stark ausgebaute Schulsozialarbeit an Grundschulen. Die Befragung wurde als standardisierte onlinegestützte Befragung durchgeführt. Als Folgestudie zu einer im Jahr 2014 ebenfalls am FSPE durchgeführten Erhebung zur Schulsozialarbeit (vgl. Deinet/Nelke 2015) kann auf die Ergebnisse einer vergleichbaren Befragung zurückgegriffen werden.

Im folgenden Beitrag wird zunächst das für die Studie von 2018 genutzte Grundverständnis von Schulsozialarbeit und deren zentralen Paradigmen herausgearbeitet. Darauf aufbauend werden dann die zentralen Ergebnisse der Studie dargestellt und zusammenfassend diskutiert.

1. Einleitung

In der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule hat die Schulsozialarbeit in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie ist nicht mehr nur ein neues, sondern bereits ein etabliertes Feld der Jugendhilfe, obwohl ihre rechtliche Verankerung nicht einheitlich geregelt ist. Rechtsgrundlagen finden sich sowohl in den Landesschulgesetzten wie auch im SGB VIII als Teil der Jugendsozialarbeit. Entsprechend unterschiedlich ist die Finanzierung der Schulsozialarbeit aus Bundes-, Landes- oder kommunalen Mitteln (vgl. Zankl 2017). Schulsozialarbeit ist seit längerem nicht nur auf die Haupt- und Förderschulen begrenzt, sondern wird an Grundschulen ebenso wie an weiterführenden Schulen und berufsbildenden Schulen weiter ausgebaut. Sogar in Gymnasien ist mittlerweile Schulsozialarbeit nicht mehr unbekannt.

Eine Besonderheit der Schulsozialarbeit sind die unterschiedlichen Formen der Institutionalisierung bzw. der Trägerschaft. Folgende Formen lassen sich unterscheiden:

Alle Formen sind mit spezifischen Vor- und Nachteilen verbunden. Fachverbände und Träger der Jugendhilfe sprechen sich für eine Trägerschaft innerhalb der Jugendhilfe aus weil diese die fachliche Professionalität der Fachkräfte innerhalb der Jugendhilfe stärkt und Kooperationen im Feld der Jugendhilfe erleichtert. Die „Einzelkämpfer*innensituation“ kann abfedert werden, wenn Fachkräfte der Schulsozialarbeit, die in der Jugendhilfe angestellt sind, zu einem Träger/zu einem Team innerhalb der Kommune oder des Kreises gehören und dadurch die Möglichkeit zur Reflexion, Supervision und kollegialen Beratung haben. Dem entgegen steht die Sichtweise, dass Schulsozialarbeiter*innen auf Lehrer*innenstellen häufig über eine bessere Anbindung im Lehrer*innenkollegium berichten. Sie beschreiben über eine mit der Lehrer*innenstelle einhergehende „Aufwertung“ der Position innerhalb des Systems Schule (vgl. Deinet 2016).

Der Ausbau der Schulsozialarbeit hat vor diesem Hintergrund zu einem breiten Spektrum unterschiedlicher Ansätze und Konzepte geführt. Je nach Trägerschaft, kommunalen Strukturen (insbesondere zwischen Schulverwaltung und Jugendamt) und Schulform reicht das Spektrum von einer eher schulbezogenen Schulsozialarbeit bis hin zu einer erweiterten Funktion der Schulsozialarbeit in Hinblick auf die Schulentwicklung, einer Kooperation mit außerschulischen Institutionen und einer sozialräumlichen Öffnung von Schule in den jeweiligen Sozialraum. Damit stellen sich Fragen der Verortung der Schulsozialarbeit zwischen Schule und den Lebenswelten der Kinder, Jugendlichen und ihren Familien einerseits wie andererseits die Öffnung von Schule in den Sozialraum und zu den anderen Feldern der Jugendhilfe wie Erziehungshilfen und offene und mobile Jugendarbeit. Die Schulsozialarbeit kann somit eine wichtige Scharnierfunktion zwischen Schule und Sozialraum übernehmen einschließlich der Vernetzung mit außerschulischer Bildungsorte im Sinne einer breiten Bildungslandschaft (vgl. Baier/Deinet 2011; Deinet 2016; 2017).

2. Schulsozialarbeit als Teil der Jugendhilfe und ihren Paradigmen

Eine Orientierung an Paradigmen der Jugendhilfe kann aus fachlicher Sicht insbesondere die sozialräumliche Funktion der Schulsozialarbeit stärken, so wie dies in einem Forschungs- und Modellvorhaben des KVJS – Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden Württemberg angelegt und dargestellt ist (vgl. Zipperle et al. 2018).

2.1 Sozialraumorientierung

In vielen Bereichen agiert die Jugendhilfe heute sozialräumlich, d. h. sie konzentriert sich auf die Bedarfe in einzelnen Stadtteilen oder Dörfern. Dies gilt seit längerem nicht mehr nur für sogenannte soziale Brennpunkte oder Stadtteile mit „besonderem Entwicklungsbedarf“. Mit vielfältigen Beteiligungsmethoden, insbesondere auch im Bereich der Jugendhilfeplanung, geht die Jugendhilfe auf örtliche Bedarfe ein und dezentralisierte ihre Einrichtungen und Angebote.

So sind nicht nur Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen als Einrichtungen in Stadtteilen zahlreich und „vor Ort“, sondern auch die Beratungs- und Einzelfall- bzw. Familienarbeit ist in den letzten Jahren deutlich sozialräumlicher aufgestellt und damit bedarfsgerechter geworden. So finden sich in vielen Kommunen – auch im ländlichen Raum – sogenannte Sozialraum- oder Regionalteams, in denen interdisziplinär auch heute schon in intensiver Kooperation mit Schule gehandelt wird.

Die zwischen Jugendhilfe und Schule oft unterschiedliche Definition von Einzugsbereichen, Sozialräumen und Schulbezirken ist nach wie vor allerdings ein deutliches Hemmnis für eine gemeinsame sozialräumliche Orientierung. So entsprechen die Einzugsbereiche von Schulen oft nicht denen der Einrichtungen der Sozialen Arbeit und umgekehrt. Eine Öffnung der lokalen Bildungslandschaften in die Jugendhilfe schafft aber die Möglichkeit, stärker die sozialräumlichen Eigenheiten einzelner Stadtteile zu sehen, ihre Stärken und Schwächen in die Gestaltung der Bildungslandschaften miteinzubeziehen und somit auch stärker an den Lebenswelten der Menschen orientiert zu agieren (vgl. Deinet 2017).

2.2 Beteiligung und Partizipation

Auf den gesetzlichen Grundlagen des SGB VIII, den entsprechenden Ausführungsgesetzen der Länder sowie kommunaler Richtlinien agiert die Kinder- und Jugendhilfe heute in weiten Bereichen beteiligungs- und partizipationsorientiert. Dazu gehören nicht nur die vom Gesetz vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren, etwa im Rahmen des Hilfeplanverfahrens im Bereich der Hilfen zur Erziehung oder auch in Einrichtungen. In der Jugendhilfe existieren viele Formen der Kinder- und Jugendbeteiligung, etwa in Kinder- und Jugendparlamenten oder Partizipationsprojekten, die in vielen Kommunen heute Standard sind. Spielplatzplanung, Jugendhilfeplanung im Bereich von Einrichtungen und im öffentlichen Raum ergänzen eine Partizipations- und Beteiligungsorientierung, die für den gesamten Bereich der Jugendhilfe im Vergleich zur Schule fortgeschritten ist. Eine Öffnung der lokalen Bildungslandschaft in Richtung Jugendhilfe bedeutet deshalb auch, die Integration geübter Partizipations- und Beteiligungserfahrungen in institutionellen und außerinstitutionellen Settings.

Um die Entwicklung der Schulsozialarbeit vor einem breiteren Hintergrund einschätzen zu können, werden im Folgenden die Ergebnisse einer Befragung der Schulsozialarbeiter*innen in Düsseldorf vorgestellt, die insbesondere sozialräumliche Aspekte, die Kooperation mit außerschulischen Trägern und die Nutzung von Institutionen im Sozialraum zum Thema hat.

3. Schulsozialarbeit in Düsseldorf – auf dem Weg zu einer Sozialraumorientierung?

Ausgangspunkt der im Jahr 2018 an der Hochschule Düsseldorf durchgeführten und im Folgenden dargestellten Studie sind die zentralen Tätigkeitsfelder der Schulsozialarbeit. Ein Schwerpunkt ist die Einzelfallhilfe, die sich fallbezogen auf den einzelnen Schüler / die einzelne Schülerin und evtl. deren Eltern bezieht. Darüber hinaus reicht die fallunspezifische Tätigkeit von Gruppenangeboten und Schulprojekten bis zur Beteiligung an Stadtteilprojekten zur Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen im Sozialraum.

In der SOSSA-Studie zur sozialraumorientierten Schulsozialarbeit aus Baden-Württemberg wird davon ausgegangen, dass sich in allen dort auch vorgefundenen Tätigkeitsbereichen Ansätze einer Sozialraumorientierung wiederfinden lassen (vgl. Zipperle et al. 2018). So kann auch die Einzelfallhilfe sozialraumbezogen gestaltet werden, wenn die Schulsozialarbeit z. B. ein Netzwerk von außerschulischen Hilfsangeboten aufbaut und nutzt. Ähnliches gilt für Kooperationen mit außerschulischen Partner*innen im Zusammenhang mit Schulprojekten und ähnliches. Vor diesem Hintergrund und wie bereits in einer Vorgängerstudie aus dem Jahr 2014 (vgl. Deinet/Nelke 2015) werden die Ergebnisse auch in der hier vorliegenden und 2018 durchgeführten Studie nicht nur, aber auch, unter dem Aspekt betrachtet, in welchem Umfang sich eine Sozialraumorientierung der Schulsozialarbeit erkennen lässt.

Beide Studien basieren auf onlinegestützten Befragungen mit einem weitgehend standardisierten Fragebogen mit wenigen offenen Fragen. Die Ergebnisse lassen sich nur begrenzt vergleichen, weil in die Befragung 2018 auch neue Fragen eingeflossen sind. Interessant ist schon die rein quantitative Veränderung des Feldes zwischen 2014 und 2018, stieg doch die Zahl der angeschriebenen Sozialarbeiter*innen von 98 im Jahr 2014 auf 167 im Jahr 2018. Diese deutliche Steigerung geht vor allem auf den Ausbau der Schulsozialarbeit im Primarschulbereich zurück. Im aktuellen Fragebogen wurden deshalb auch einige spezielle Fragen zur Schulsozialarbeit an Grundschulen eingebaut.

Im Unterschied zu 2014, wo die Schulsozialarbeiter*innen direkt per email angeschrieben werden konnten, wurde 2018 der Link zum Fragebogen über die Wohlfahrtsverbände und das Jugendamt als Anstellungsträger versandt. Nur die Schulsozialarbeiter*innen mit Anstellung bei der Bezirksregierung konnten direkt angeschrieben werden. Dies kann ein Grund dafür sein, dass 2018 der Rücklauf mit rd. 48 % deutlich geringer war als 2014 mit rd. 78 %.

Im Folgenden werden zuerst einige Rahmendaten zur Befragung dargestellt. Diese betreffen zum einen u. a. die Schulform, aber auch Ergebnisse zur Ausstattung der Schulsozialarbeit. Angebote und Tätigkeiten der Schulsozialarbeit sind Thema im folgenden Abschnitt 3.2. Weitere Abschnitte beziehen sich auf außerschulische Angebote und Kooperationspartner*innen, die Beteiligung an Gruppen und Gremien innerhalb und außerhalb von Schule, die Beurteilung der Zusammenarbeit in der Schule und das Profil der Sozialarbeiter*innen.

3.1 Rahmenbedingungen

Insgesamt konnten 80 Beantwortungen in die Auswertung einbezogen werden. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich sind diese Personen an mindestens 86 Schulen tätig, da sechs Antwortende an zwei Schulen arbeiten. Da insbesondere an den großen Schulen mehr als ein/e Sozialarbeiter*in tätig ist, dürfte die Zahl der konkreten Schulen geringer sein, lässt sich aber an den Daten nicht ermitteln.

Tab. 1: Beteiligung nach Schulformen
SchulformenAnzahl
Nennungen
in %
Grundschule 42 48,8%
Gesamtschule 5 5,8%
Realschule 10 11,6%
Hauptschule 9 10,5%
Förderschule 10 11,6%
Berufskolleg 10 11,6%
Gesamt 86 100,0%

Rund die Hälfte der Schulen sind Grundschulen. In der Befragung 2014 stellte diese Schulform noch einen Anteil von 30 % dar und zeigt damit auch den Bedeutungszuwachs der Grundschulen. Gymnasien fehlen in der Stichprobe gänzlich, was damit zusammenhängt, dass zum Befragungszeitpunkt nur wenige Gymnasien über Schulsozialarbeit verfügen konnten.

Tab. 2: Soziale Lage der Schule bzw. der Schüler*innen
SchulformAnzahlsoziale Lage der Schule
eher unter diesem Durch-schnittin %ungefähr im Durchschnittin %eher über diesem Durch-schnittin %
Grundschule 41 16 39,0% 5 12,2% 20 48,8%
Gesamtschule 5         5 100,0%
Realschule 9 1 11,1% 6 66,7% 2 22,2%
Hauptschule 6         6 100,0%
Förderschule 10 2 20,0% 1 10,0% 7 70,0%
Gesamt 71 19 26,8% 12 16,9% 40 56,3%

Ende 2017 lebten stadtweit rund 20 % der Kinder unter 15 Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II. Vor diesem Hintergrund wurden die Schulsozialarbeiter*innen gefragt, ob nach ihrer Einschätzung der Anteil der Schüler*innen an ihrer Schule eher über, unter oder im Durchschnitt dieses Werts liegt. Bei fast der Hälfte der Grundschulen liegt nach Einschätzung der Schulsozialarbeiter*innen der Anteil der Schüler*innen im Hilfebezug über dem Durchschnitt. Bei den Realschulen ist der Anteil deutlich geringer.

Die Schulen sind u. a. in Abhängigkeit von der Schulgröße unterschiedlich mit Schulsozialarbeit ausgestattet. In der Mehrzahl (rund 78 %) können sie höchstens über eine Vollzeitstelle Schulsozialarbeit verfügen, gut die Hälfte davon sind Teilzeitstellen im Umfang von 50 % einer Vollzeitstelle. Die geht vor allem auf die Grundschulen zurück, die mehrheitlich (rund 74 %) nur auf eine halbe Stelle Schulsozialarbeit zurückgreifen können. Dabei lässt sich für den Bereich der Grundschulen durchaus feststellen, dass die Schulen mit einer ganzen Stelle fast ausschließlich solche Schulen mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Schüler*innen aus SGB II-Bedarfsgemeinschaften sind (vgl. Tab. 2).

Mehrheitlich sind die Schulsozialarbeiter*innen bei Trägern der Wohlfahrtspflege bzw. dem kommunalen Jugendamt angesiedelt, gehören somit auch aus dieser Sicht zum System der Jugendhilfe. Für die Grundschulen gilt dies sogar ausschließlich (vgl. Tab. 3).

Tab. 3: Anstellungsträger
Anstellungsträgerallein %nur Grund-schulenin %
Bei einem Träger der Wohlfahrtspflege 61 79,2% 33 86,8%
Beim Jugendamt der Stadt Düsseldorf 8 10,4% 5 13,2%
Beim Land NRW (über die Bezirksregierung) 7 9,1%    
Sonstige Anstellung 1 1,3%    
Gesamt 77 100,0% 38 100,0%

Die Ausstattung bzw. die räumlichen Bedingungen für die Arbeit zeigen, dass die Mehrheit über ein eigenes Büro, Telefon und Internetzugang verfügen. In vielen Fällen fehlt aber ein Raum für Gruppenangebote, der kein Klassenraum ist (vgl. Tab 4). Entsprechend äußern sich auch die Befragten, wenn es um Verbesserungen an dieser Stelle geht. 21 von 46 Schulsozialarbeiter*innen wünschen sich einen eigenen Gruppenraum.

Auf unterstützende Angebote wie kollegiale Fallberatung, Supervision, Fortbildung und themenspezifische Fallberatung kann die Mehrzahl der Befragten zurückgreifen. Dabei steht Supervision an erster Stelle nach Wünschen der Verbesserung in diesem Bereich.

Tab. 4: Ausstattung und Raumbedingungen (Mehrfachnennungen)
Rahmenbedingungen und Ausstattungallein % n=86nur Grund-schulenin % n=42
Eigene Telefonnummer/Durchwahl oder Diensthandy 84 97,7% 42 100,0%
Eigener PC mit Internetzugang für die Schulsozialarbeit 81 94,2% 42 100,0%
Eigenes Büro für die Schulsozialarbeit 79 91,9% 38 90,5%
abschließbare Schränke 79 91,9% 39 92,9%
Schlüssel zum Schulgebäude bzw. permanenter Zugang zum Schulgebäude 38 44,2% 17 40,5%
Raum für Gruppenangebote, der kein Klassenraum ist 33 38,4% 17 40,5%
Kein eigenes Büro, aber ruhiger Gesprächsraum oder -ecke für vertrauliche Gespräche 3 3,5% 2 4,8%

3.2 Angebote und Tätigkeiten der Schulsozialarbeit

Bei den Angeboten und Tätigkeiten wurde unterschieden, ob sich diese auf die Schüler*innen, die Lehrer*innen, die Eltern oder auf die Schule insgesamt beziehen. Die Befragten konnten auf einer Skala von „sehr oft bis nie“ die Häufigkeit der jeweiligen Angebote bzw. Tätigkeit angegeben. In Abbildung 1 sind die Anteile „sehr oft bis oft“ dargestellt. Die Adressat*innengruppen sind farbig markiert.

Die Beratung und Begleitung von einzelnen Schüler*innen, d.  h. die Einzelfallhilfe und die ad hoc Beratung bei sogenannten „Tür- und Angelgesprächen“ ist eine Tätigkeit, der fast alle Schulsozialarbeiter*innen „sehr oft“ bzw. „oft“ nachgehen. Deutlich geprägt ist die Tätigkeit aber auch durch Verwaltungstätigkeiten/Berichtswesen und Dokumentation der Arbeit. Hier kann durchaus eine Belastung durch möglicherweise auch unterschiedliche Dokumentationssysteme bei Jugendamt, Trägern und Schule angenommen werden, die insbesondere bei Teilzeitstellen erheblich sein dürfte.

Mehr als 65 % der Befragten beschäftigen sich häufig mit dem Aufbau und dem Ausbau von Netzwerken im Sozialraum. In der Befragung 2014 lag der entsprechende Anteil noch bei 48 %. Hier ist durchaus eine weitere Öffnung der Schulsozialarbeit in den Sozialraum erkennbar. Wegen der starken Bedeutung der Einzelfallhilfe dürfte es sich aber vor allem um Netzwerke handeln, auf die die Schulsozialarbeit in diesem Tätigkeitsbereich zurückgreifen kann.

Im Mittelpunkt der Elternarbeit steht ebenfalls die individuelle Beratung im Hinblick auf Bildungs- und Erziehungsfragen bzw. im Hinblick auf weitere Hilfesystem wie z. B. Erziehungsberatungsstellen. Gruppenangebote wie Elternabende und Elternstammtische spielen dagegen kaum eine Rolle.

Bei den Angeboten und Tätigkeiten für die Schule insgesamt wird vergleichsweise häufig angegeben, dass konzeptionelle Gespräche mit der Schulleitung geführt werden und an der Gestaltung von Schulfesten mitgewirkt wird.

Hervorzuheben ist die Beratung und Unterstützung von Schüler*innen mit Fluchthintergrund; hier geben fast 47 % der Befragten an, dass sie damit (sehr) oft beschäftigt sind und damit zeigt sich auch bei der Schulsozialarbeit die starke Bedeutung der Fluchtmigration in den letzten Jahren.

Die Schulsozialarbeit ist eher weniger an der Gestaltung von Angeboten im Ganztag beteiligt. Das heißt allerdings nicht, dass sie dort nicht tätig ist, weil es durchaus möglich ist, dass Schulsozialarbeiter*innen und Fachkräfte im Ganztag sich zumindest austauschen, wenn es um die Beratung und Begleitung von einzelnen Schüler*innen geht.

Die Mitarbeit bei der Gestaltung des Übergangs von der KiTa in die Grundschule bzw. von der Grundschule zu weiterführenden Schulen ist ebenfalls kein relevantes Tätigkeitsfeld. Dabei ist insbesondere die Kooperation von Grundschulen mit KiTas, die in der Regel in räumlicher Nähe liegen, ein Beispiel für die Öffnung von Schule in den Sozialraum. 

Abb. 1: Angebote und Tätigkeiten der Schulsozialarbeit (Anteil: sehr oft und oft)
Abb. 1: Angebote und Tätigkeiten der Schulsozialarbeit (Anteil: sehr oft und oft)

3.3 Angebote der Schulsozialarbeit die regelmäßig außerhalb der Schule stattfinden

Die Frage, ob es Angebote der Schulsozialarbeit gibt, die regelmäßig außerhalb der Schule stattfinden, wird nur von 24 % der Befragten bejaht. Nur bezogen auf Grundschulen ist der Anteil mit knapp 23 % noch leicht geringer. Hier muss man sicherlich berücksichtigen, dass explizit nach „regelmäßigen Angeboten“ gefragt wurde, d. h. gelegentliche Angebote dieser Art nicht einbezogen wurden. In der Befragung aus dem Jahr 2014 wurde diese Einschränkung nicht gemacht, entsprechend antworteten damals 76 % bejahend.

Tab. 5: Angebote der Schulsozialarbeit, die regelmäßig außerhalb der Schule stattfinden (Mehrfachnennungen, n=18, n=8)
Orteallein %nur Grund-schulenin %
keine Angebote außerhalb der Schule 57 76,0% 27 77,1%
Jugendzentrum/Abenteuerspielplatz 8 10,7% 4 11,4%
öffentlichen Grünflächen 8 10,7% 3 8,6%
Museum, Bücherei, Theater, Kino u. ä. 5 6,7% 2 5,7%
Orte zur Berufsorientierung 4 5,3%    
Sportanlagen/Schwimmbad/Klettergärten etc. 3 4,0% 1 2,9%
andere Orte 6 8,0% 3 8,6%
Gesamt 75   35  

57 von 75 Befragten, und das sind immerhin 76 %, geben an, dass sie nicht regelmäßig außerhalb der Schule Angebote durchführen. Bei denen, die solche Angebote durchführen, liegen Jugendzentren bzw. Abenteuerspielplätze und öffentliche Grünanlagen wie Spiel- und Bolzplätze als Angebotsorte mit jeweils knapp 11 % an der Spitze.

Hier muss sicherlich beachtet werden, dass solche Angebote aufwändig sind und dass dies auch mit dem Stellenumfang zu tun hat, d. h. vor allem die Schulsozialarbeiter*innen mit halben Stellen sind nur schwer in der Lage die Schulsozialarbeit sozialräumlich zu öffnen und z. B. Angebote an anderen Orten durchzuführen.

3.4 Wichtige Kooperationspartner*innen außerhalb der Schule

Ein wichtiger Indikator für die Öffnung der Schulsozialarbeit in den Sozialraum sind die Kooperationspartner*innen mit denen eine Zusammenarbeit stattfindet oder deren Angebote in der Schule oder außerhalb der Schule genutzt werden. Im Rahmen der Befragung wurde gebeten, die vier wichtigsten Kooperationspartner*innen außerhalb der Schule, jeweils mit dem zentralen Kooperationsanlass in offenen Feldern zu benennen. Im Ergebnis fällt als erstes auf, dass mit mehr als 84 % die Mehrzahl der Befragten vier unterschiedliche Partner*innen eintragen. Die anderen nennen einen bis drei Partner*innen.

Tab. 6: wichtige Kooperationspartner außerhalb der Schule (Mehrfachnennungen, n=70, n=33)
Kooperationspartner*innenAnzahl Nennungenin %
n=70
nur Grund-schulenin %
n=33
Bezirkssozialdienst 54 77,1% 27 81,8%
Erziehungs- und Familienberatungsstellen 40 57,1% 23 69,7%
Schulpsychologischer Dienst 38 54,3% 18 54,5%
Beratungsstellen Migration und Flucht 14 20,0% 7 21,2%
Agentur für Arbeit/Jobcenter/Beratungsstellen Übergang Schule Beruf 13 18,6%    
Fachstellen zum Thema Prävention (Sucht, Gewalt, Schulden) und soziales Lernen 13 18,6% 3 9,1%
Jugendfreizeiteinrichtungen 11 15,7% 4 12,1%
Pro Mädchen 8 11,4% 1 3,0%
Fachstelle für Schulverweigerung 8 11,4% 2 6,1%
Psychotherapeuten/Psychologen 7 10,0% 4 12,1%
SPZ/LVR 7 10,0% 4 12,1%
Partner aus dem Bereich Kultur 7 10,0% 2 6,1%
Kitas 6 8,6% 6 18,2%
Sozialamt 5 7,1% 2 6,1%
Polizei 3 4,3% 1 3,0%

Jeweils mehr als die Hälfte der Schulsozialarbeiter*innen nennen mit dem Bezirkssozialdienst, den Erziehungs- und Familienberatungsstellen und dem schulpsychologischen Dienst Kooperationspartner, die die Schulsozialarbeiter*innen bei der Einzelfallhilfe unterstützen. Bei den Jugendfreizeiteinrichtungen wird auch an dieser Stelle deutlich, dass sie kein relevanterer Kooperationspartner für die Schulsozialarbeit sind. Bei dem Partner „Pro Mädchen“ handelt es sich sowohl um eine Beratungsstelle wie auch um einen offenen Mädchentreff.

3.5 Beteiligung an Gruppen/Gremien innerhalb und außerhalb der Schule

Mit mehr als 90 % gibt die Mehrzahl der Befragten an, dass sie regelmäßig innerhalb der Schule an Gruppen und Gremien beteiligt sind. Die Lehrerkonferenz ist dabei mit Abstand das wichtigste Gremium. Bei den Gremien des Ganztags ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Schule Ganztagsschulen sind. Dies gilt allerdings nicht für die Grundschulen, die alle als offene Ganztagsschulen geführt werden. Entsprechend ist hier die Beteiligung größer, aber auch hier ist fast die Hälfte nicht beteiligt. Unter sonstigen Gremien werden mehrfach Teilkonferenzen, Klassenteams, Steuerungsgruppen und pädagogische Fachtage genannt.

Tab. 7: Beteiligung an Gruppen/Gremien innerhalb der Schule
 allein %nur Grund-schulenin %
Lehrer*innenkonferenzen 61 95,3% 28 90,3%
Schulkonferenzen 25 39,1% 9 29,0%
Zeugniskonferenzen 29 45,3% 9 29,0%
OGS Team/Organisation des Ganztags 20 31,3% 16 51,6%
Sonstige Gruppen/Gremien 35 54,7% 14 45,2%
keine Beteiligung 7 10,9% 3 9,7%
Gesamt 64   31  

Knapp 81 % geben an, dass sie regelmäßig an Gruppen und Gremien außerhalb der Schule beteiligt sind. Mit großem Abstand werden hier allerdings schulübergreifende Treffen der Schulsozialarbeiter*innen genannt, die in Düsseldorf vor allem auf Ebene der einzelnen Träger organisiert werden.

Arbeitsgruppen im Sozialraum bzw. im Stadtteil, Stadtbezirkskonferenzen und Sozialraumteams sind Gruppen bzw. Gremien, die einen deutlichen Sozialraumbezug aufweisen. Sie werden zum Teil mehrfach genannt, wenn es um die Beteiligung geht. Insgesamt nehmen rund die Hälfte der Befragten an mindestens einer Gruppe odereinem Gremium regelmäßig teil. Gegenüber der Befragung aus dem Jahr 2014 ist der Anteil leicht gestiegen, damals lag er bei rund 45 %.

Tab. 8: Beteiligung an Gruppen/Gremien außerhalb der Schule (Mehrfachnennungen)
 allein %nur Grund-schulenin %
Schulübergreifende Treffen der Schulsozialarbeiter*innen 55 75,3% 27 77,1%
Sozialraum AG/Stadtteil AG 26 35,6% 12 34,3%
Fachgruppen zu spezifischen Themen 24 32,9% 8 22,9%
Stadtbezirkskonferenzen 20 27,4% 13 37,1%
Sozialraumteams 10 13,7% 5 14,3%
Sonstige Gruppen/Gremien 15 20,5% 9 25,7%
keine Beteiligung 14 19,2% 7 20,0%
Gesamt 73   35  

3.6 Beurteilung der Zusammenarbeit in der Schule

Gefragt wurde getrennt nach Beurteilung der Zusammenarbeit mit der Schulleitung und den Lehrer*innen sowie für die Grundschulen auch nach der Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem OGS-Team. Insgesamt fällt die Beurteilung ziemlich gut aus, 90 % der Befragten beurteilen die Zusammenarbeit mit der Schulleitung als gut bis sehr gut, bei den Lehrer*innen liegt der Wert sogar bei über 94 %. In einer offenen Frage konnten auch die Gründe für die Bewertung angegeben werden. 56 Antwortende geben Gründe für die positive Bewertung an. Offenheit im Sinne von offene Kommunikation und Offenheit für die Anliegen der Schulsozialarbeit geben 21 an. Wertschätzung, Anerkennung, Kooperation auf Augenhöhe sind wesentlicher Inhalt von 16 Antworten. Die im Ganzen positive Bewertung heißt nicht, dass nicht auch Kritik geübt wird. Bei der Frage nach den Gründen für die negative Bewertung haben 39 geantwortet. Zu wenig Zeit für Austausch absprachen (17 Nennungen) und fehlende Absprachen bzw. unklare Aufgabenverteilung (7 Nennungen) sind hier maßgebliche Gründe.

Tab. 9: Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem OGS Team differenziert nach Trägerschaft
 allein %Träger identischin %Träger nicht identischin %
Sehr gut 12 33,3% 9 40,9% 3 21,4%
Gut 20 55,6% 11 50,0% 9 64,3%
Weniger gut 2 5,6% 0 0,0% 2 14,3%
Überhaupt nicht gut 2 5,6% 2 9,1%    
Gesamt 36 100,0% 22 100,0% 14 100,0%

Die Beurteilung der Zusammenarbeit mit den Fachkräften im Ganztag war auf die Grundschulen begrenzt, da alle Grundschulen mittlerweile als offene Ganztagsschulen geführt werden und insofern die Bedingungen vergleichbar sind. Differenziert wurde allerdings zwischen Schulen, wo der Träger der OGS identisch ist mit dem Träger der Schulsozialarbeit und Schulen, wo dies nicht der Fall ist. Deutlich wird auch hier die durchweg positive Beurteilung (vgl. Tab. 8). Differenziert nach gemeinsamer oder getrennter Trägerschaft werden dabei durch aus Unterschiede sichtbar. So liegt der Mittelwert bei gemeinsamer Trägerschaft bei 1,77, während er bei getrennter Trägerschaft bei 2,31 liegt. Guter Austausch (15 Nennungen) und Kooperation und Zusammenarbeit (9 Nennungen) sind die hauptsächlichen Gründe für die positive Bewertung. Negativ wir vor allem angemerkt, dass es wenig Zeit für den Austausch gibt, weil u. a. die Arbeitszeiten nicht übereinstimmen (9 Nennungen).

3.7 Zum Profil der Schulsozialarbeiter*innen

Die Schulsozialarbeiter*innen sind mehrheitlich weiblich, nur 23 % sind Männer, wobei nur bezogen auf Grundschule der Männeranteil nur bei knapp 12 % liegt. Allerdings ist der Männeranteil insgesamt gegenüber die Befragung 2014 (16 %) gestiegen.

Die Mehrheit (rund 57 %) ist zwischen 31 und 50 Jahre alt, allerdings sind knapp 18 % 30 Jahre und jünger. Bedingt sicherlich durch den Stellenzuwachs in der Schulsozialarbeit mit insgesamt mehr Berufsanfänger*innen ist der Anteil der Jüngeren deutlich höher als 2014 (7 %).

Insgesamt ist rund die Hälfte der Befragten bis zu vier Jahre als Schulsozialarbeiter*in tätig; wird auch hier nur die Grundschule betrachtet, liegt der Anteil mit fast 68 % deutlich höher und weist darauf, dass zuletzt vor allem die Schulsozialarbeit in den Grundschulen ausgebaut wurde. Alle Befragten verfügen über einen akademischen Bildungsabschluss, davon mehr als 81 % über einen fachspezifischen Abschluss in der Sozialpädagogik/Soziale Arbeit. Rund 39 % sind befristet beschäftigt; hier liegt 48,5 % der Anteil an Grundschulen deutlich höher.

Unter dem Aspekt sozialräumlicher Vernetzung ist sicherlich noch interessant, ob die Befragten neben ihrer Tätigkeit in der Schulsozialarbeit noch weitere Tätigkeiten ausüben, die damit in Verbindung stehen könnten. Insgesamt geben 15 Befragte an, dass sie noch in anderen Bereichen tätig sind. Davon sind sechs Befragte ebenfalls im Schulsystem tätig; vier im Ganztag und zwei an einer Schule lehrend tätig. In einer weiteren Antwort wird die pädagogische Einrichtungsleitung/offener Treff genannt. Sechs arbeiten im weitesten Sinne pädagogisch als Trainer*innen oder Therapeut*innen.

4. Fazit, Vergleich und Ausblick

Die Arbeit der Schulsozialarbeiter*innen in Düsseldorf ist stark geprägt von der Beratung und Unterstützung einzelner Schüler*innen und ihren Eltern (Einzelfallhilfe) und weiteren schulbezogenen Aufgaben. Andererseits spielt der Auf- und Ausbau von Netzwerken im Sozialraum eine deutliche Rolle. Es darf allerdings vermutet werden, dass es sich vor allem um einzelfallbezogene Hilfsnetzwerke handelt, die im Zusammenhang mit den schulischen Aufgaben stehen. Die Analyse der Angaben zu den wichtigen Kooperationspartner*innen weist ebenfalls in diese Richtung, handelt es sich doch überwiegend um Partner*innen aus dem Bereich Hilfen zur Erziehung, Erziehungsberatungsstellen und schulpsychologische Dienste. Das Ergebnis, dass die überwiegende Mehrheit mindestens vier wichtige Kooperationspartner*innen namentlich benennt, ist ein weiterer Hinweis auf die durchaus vorhandene Öffnung in den Sozialraum.

Die im Sozialraum vorhandenen räumlichen Ressourcen werden vergleichsweise wenig genutzt, wenn es um Angebote geht, die außerhalb der Schule stattfinden. Hier kann aber auch eine Rolle spielen, dass die begrenzten Zeitkapazitäten der Schulsozialarbeit vor allem wenn es um halbe Stellen geht, für solche Angebote nicht ausreichend sind.

Rund die Hälfte der Befragten aus Düsseldorf geben an, dass sie an Gruppen und Gremien mit Sozialraumbezug vertreten sind. Auch dies darf als Hinweis auf eine sozialräumliche Orientierung der Schulsozialarbeit gewertet werden.

Die Ergebnisse der Studie aus Düsseldorf, aber etwa auch die Evaluationsstudie zur Schulsozialarbeit im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets in Wuppertal (Oelerich 2013) zeigen die ambivalente Situation der Schulsozialarbeit zwischen Schulunterstützung und der Öffnung der Schule, für die die Schulsozialarbeit eine „Scharnierfunktion“ zu übernehmen scheint. Für die weitere Entwicklung ergeben sich aus dieser Einschätzung einige interessante Aspekte.

Mirjana Zipperle und ihr Forschungsteam an der Universität Tübingen legten 2018 die erste Studie zur Schulsozialarbeit vor, die sich explizit mit dem Thema der Sozialraumorientierung in der Schulsozialarbeit beschäftigt (Zipperle et al. 2018). Unter dem Titel „Schulsozialarbeit in Baden-Württemberg –sozialraumorientierte Konzepte und ihre Wirkung“ wurde die Praxis der Schulsozialarbeit an acht Grundschulen in sieben Kommunen in Baden-Württemberg untersucht. Dazu wurden die Standorte umfangreich untersucht, Selbst- und Fremdeinschätzungen ausgewertet und Vergleiche zwischen den Konzepten gezogen.

Das Gesamtergebnis zeigt ebenfalls einen großen Entwicklungsbedarf für eine Schulsozialarbeit, die weitgehend schulstandortorientiert ausgerichtet ist: „Wesentliches Ergebnis der Forschung ist, dass Schulsozialarbeit, die auf den innerschulischen Raum begrenzt ist oder wird, ihr generell mögliches Wirkungspotenzial nicht entfalten kann. Sozialraumorientierung in der Schulsozialarbeit hat eine Katalysatorfunktion für wirksame und erfolgreiche Leistungen in den Kernleistungsbereichen. Allerdings braucht es dafür förderliche strukturelle Bedingungen, damit ein Nutzen insbesondere für den außerschulischen Raum auch herstellbar wird“ (a.a.O., 22).

Zipperle et al. beschreiben die Sozialraumorientierung auf unterschiedlichen Niveaustufen: von „Sozialraumwissen“ über „Sozialraumbezüge“ bis zur „Sozialraumorientierung“ (a.a.O., 12). Sie stellen dabei fest, dass „eine umfassende Ausprägung von Sozialraumorientierung in der Schulsozialarbeit … nur teilweise realisiert“ wird (a.a.O., 23). Für den weiteren Ausbau in Richtung einer Sozialraumorientierung müssen die Rahmenbedingungen und Konzepte deutlich weiter entwickelt werden: „Entscheidend für das Erreichen der dritten Niveaustufe ist eine strukturell verankerte Verbindung von Fachkraftebene, Kooperationspartnern und Orten, an denen eine reflexiv-sozialräumliche Perspektive explizit und systematisch gepflegt wird (zum Beispiel Sozialraumteams). Sozialraumorientierung kann also nicht durch eine Schulsozialarbeitsfachkraft alleine realisiert werden. Sie entsteht aus der gemeinsamen Anstrengung aller relevanten Akteure vor Ort“ (a.a.O., 13).

Die Studie aus Baden-Württemberg liefert wichtige Hinweise für die Entwicklung einer Sozialraumorientierung in der Schulsozialarbeit. Soll die Schulsozialarbeit nicht nur Schulunterstützung sein, sondern Schule weiter öffnen, ihr sozialpädagogisches Profil ausbauen und die Etablierung einer sozialräumlichen Bildungslandschaft unterstützen, dann muss sie einen Spagat ausführen zwischen Schulstandort und Sozialraum (Lebenswelten); und dies funktioniert nur mit starken außerschulischen Partner*innen, die ihre eigenen Perspektiven in die Zusammenarbeit einbringen können.

In der Praxis nach wie vor verbreitet ist jedoch eine eher schulstandortbezogene Form der Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe. Diese in der Studie aus Düsseldorf deutlich sichtbare schulstandortbezogene Kooperationsform zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: Orientierung am Bedarf aus der schülerbezogenen Einzelfallhilfe, Schule ist die Institution um die sich alles dreht und der Ort, an dem auch alle Aktivitäten stattfinden und zu denen die Kooperationspartner*innen aus dem Sozialraum kommen sollen. Auch Mirjana Zipperle und ihr Team sehen diese Orientierung: „Sozialraumorientierte Perspektiven ergänzen eher die klassischen Aufgaben – an vielen Standorten jeweils mit einer spezifischen Ausrichtung. Gerade bezogen auf das übergreifende Ziel der Gestaltung von Lebenslagen in kollektiver Absicht scheint es landesweit wie auch an den hier untersuchten Standorten noch Entwicklungspotenzial zu geben“ (a.a.O., 23).

Demgegenüber steht eine stärker sozialraumbezogene Kooperation mit einer Orientierung an Kindern und Jugendlichen und nicht nur begrenzt auf deren Rolle als Schüler*in. Schule wäre damit ein wichtiger Lebensort neben anderen. Die Öffnung von Schule und die Kooperation mit Institutionen im Sozialraum führen auch zu einer Anerkennung außerschulischer Lernorte und zu deren Nutzung. Schule macht sich auf den Weg in den Sozialraum und dies alles ist ein Schritt zur Entwicklung einer lokalen Bildungslandschaft.

Der weitere Ausbau der Schulsozialarbeit und ihre breite Etablierung sind aktuell mit der Gefahr einer Überschätzung und damit auch Überlastung der Schulsozialarbeit verbunden. Schulsozialarbeit würde sich übernehmen und ist überfordert, wenn sie das ganze Spektrum der Jugendhilfe an Schule allein abbilden soll. Diese Gefahr ist aber auch dadurch gegeben, dass sich aus Sicht der Schule die als durchaus kompliziert erlebte Kooperation mit den Bereichen der Jugendhilfe nun auf die an der Schule ansässige Schulsozialarbeit reduziert, die damit aber überlastet wird.

Damit verbunden ist auch die Gefahr einer kontraproduktiven Wechselwirkung, in der der Ausbau der Schulsozialarbeit dazu führt, dass aus schulischer Sicht alle sozialen Aufgaben auf diese abgeschoben werden und die Schule sich nicht wirklich öffnet und bewegt.

Literatur

Baier, Florian/Deinet, Ulrich (Hrsg.) (2011): Praxisbuch Schulsozialarbeit. Methoden, Haltungen und Handlungsorientierungen für eine professionelle Praxis. Barbara Budrich, Opladen.

Deinet, Ulrich (2017): Schulsozialarbeit zwischen Schule, Sozialraum und Bildungslandschaft. In: Hollenstein, Erich/Nieslony, Frank/Speck, Karsten/Olk, Thomas (Hrsg.): Handbuch der Schulsozialarbeit (Bd. I). Weinheim und Basel: Beltz Juventa, 48-56.

Deinet, Ulrich (2016): Sozialräumliche und kommunale Vernetzung von Schulsozialarbeit. In: Kooperationsverbund Schulsozialarbeit (Hrsg.): Schulsozialarbeit systematisch ausbauen – Neue Herausforderungen und Entwicklungsaufgaben. 2. erweiterte Auflage. München, 134-147. URL: http://www.jugendsozialarbeit.de/media/raw/Fachtagung_SSA_Muenchen_2014_Dokumentationsband.pdf Zugriff am: 14.01.2019.

Deinet, Ulrich/Nelke, Kirsten (2015): Zwischen Schule, Jugendhilfe und Sozialraum – Ergebnisse einer Studie zur Schulsozialarbeit in Düsseldorf. URL: https://www.sozialraum.de/zwischen-schule-jugendhilfe-und-sozialraum.php Zugriff am: 14.01.2019.

Oelerich, Gertrud (2013): Evaluation Schulsozialarbeit im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets (BuT) in Wuppertal. Bergische Universität Wuppertal, Eigenverlag.

Zankl, Philipp (2017): Die Strukturen der Schulsozialarbeit in Deutschland. Forschungsstand und Entwicklungstendenzen. München: Deutsches Jugendinstitut e.V.

Zipperle, Mirjana et al. (2018): Schulsozialarbeit in Baden-Württemberg –sozialraumorientierte Konzepte und ihre Wirkung (SOSSA). URL: https://www.kvjs.de/fileadmin/dateien/kvjs-forschung/Aktuelle_Forschung/Abschlussbericht_SOSSA.pdf Zugriff am 29.08.2019.


Zitiervorschlag

Deinet, Ulrich und Maria Icking (2019): Schulsozialarbeit auf dem Weg zur Sozialraumorientierung? – Ergebnisse einer Erhebung zur Schulsozialarbeit in Düsseldorf. In: sozialraum.de (11) Ausgabe 1/2019. URL: https://www.sozialraum.de/schulsozialarbeit-auf-dem-weg-zur-sozialraumorientierung.php, Datum des Zugriffs: 27.04.2024